Saarbruecker Zeitung

Feines Kinderkino

Neu: „Timm Thaler oder das verkaufte Lachen“

- Von Cordula Dieckmann

Die ZDF-Serie „Timm Thaler“war 1979 Kult. Kaum ein Kind, das die Folgen nicht gebannt verfolgte. Thomas Ohrner wurde berühmt mit der Rolle des Jungen, der sein Lachen an den bösen Baron verkaufte und im Gegenzug jede Wette gewann. Mehr als 35 Jahre später kommt das Abenteuer nach dem Kinderbuch­klassiker von James Krüss nun in einer Neuinterpr­etation des Grimmeprei­strägers Andreas Dresen ins Kino.

„Timm Thaler oder das verkaufte Lachen“(Foto: Constantin Film Verleih) ist feines Kinderkino, randvoll mit Fantasie, Spannung und hervorrage­nden Schauspiel­ern, allen voran Arved Friese als Timm und Justus von Dohnányi als Baron Lefuet.

Timm lebt mit seinem Vater in einer ärmlichen Gegend. Regelmäßig besuchen sie die Pferderenn­bahn, wo sie stets auf das falsche Pferd setzen. Als der Vater stirbt, will ihm Timm einen teuren Gedenkstei­n aufs Grab setzen lassen. Da kommt das Angebot des zwielichti­gen Barons Lefuet gerade recht: Verkaufe mir dein Lachen, dafür gewinnst du jede Wette.

Nach anfänglich­en Skrupeln lässt sich Timm darauf ein. Aus dem fröhlichen Jungen mit dem ansteckend­en, herzlichen Lachen wird ein freudloser Zeitgenoss­e, der in komischen Momenten nicht mehr als ein abstoßende­s Krächzen hervorbrin­gt. Sogar seine beste Freundin Ida (Jule Hermann) wendet sich von ihm ab. Bald merkt Timm, dass sein Leben einsam ist. Er will sein Lachen zurück, doch darauf will sich der Baron nicht einlassen.

Der Film von Regisseur Dresen hat das Zeug zum Klassiker. Und es gibt eine Moral, schlicht und ohne erhobenen Zeigefinge­r: Freundscha­ft und Liebe sind wichtiger als Geld. (Deutschlan­d 2016, 102 Min., Regie: Andreas Dresen) Arved Friese als Timm „Die Macht der Worte? Zum Teufel damit. (...) Es ist eher so: Sie kommen einem in die Quere.“Wie die falschen beziehungs­weise richtigen Wörter zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt den Lauf der Dinge verändern können, darum geht es in Hong Sang-soos Spielfilm „Right Now, Wrong Then“.

Der Protagonis­t Ham Chun Su (Jung Jae-young), ein Regisseur mittleren Alters, findet sich im rund 50 Kilometer von Seoul entfernten Städtchen Suwon wieder. Wegen eines Missverstä­ndnisses ist er einen Tag zu früh zu seiner Filmvorfüh­rung und einem anschließe­nden Publikumsg­epräch angereist, weshalb er sich die Zeit mit Sehenswürd­igkeiten und einem Stadtbumme­l vertreibt. In der Palastanla­ge Haenggung trifft er unverhofft auf die gedankenve­rlorene Künstlerin Yoon Hee Jung (Kim Min-hee). Der Regisseur Ham Chun Su und die Malerin Yoon Hee Jung. Aus einem Smalltalk wird ein Kaffee, aus dem Kaffee ein Abendessen und daraus wiederum eine gemeinsame Nacht mit reichlich Alkohol.

Die Geschichte der beiden Fremden wird gleich zweimal erzählt, wobei sich die Versionen nur minimal voneinande­r unterschei­den: die Szenen bleiben bis auf wenige Ausnahmen dieselben, lediglich die Dialoge weichen in der Rückblende voneinande­r ab. Doch genau das ist der springende Punkt – während die erste Begegnung der Figuren in einem reinem Desaster endet, mutet die zweite nahezu romantisch an und scheint das Leben der jungen, bisweilen unsicher wirkenden Yoon nachhaltig zu verändern.

Der südkoreani­sche Regisseur Sang-soo bleibt seiner minimalist­ischen Linie auch in seinem siebzehnte­n Werk „Right Now, Wrong Then“treu: Die Kunst der Reduktion offenbart sich vor allem in seiner distanzier­ten Kameraführ­ung, der einfachen, schlichten Musik und den stets wiederkehr­enden Motiven. Die Konzentrat­ion liegt damit ausschließ­lich auf den zwischenme­nschlichen Beziehunge­n, den nur scheinbar unprätenti­ösen Dialogen, deren Bedeutung zwischen den Zeilen gesucht werden muss. Sang-Soo drängt den Zuschauer zu einer Analyse des Innenleben­s seiner Figuren: Welche Gedanken mögen sich gerade in der Psyche der Protagonis­ten entfalten? „Right Now, Wrong Then“erzählt eine Geschichte vom Leben. Ungeschönt, unaufgereg­t, realistisc­h. (Südkorea 2015, 121 Min., Filmhaus Sb)

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