„Papst könnte Exkommunikation Luthers aufheben“
INTERVIEW GOTTHOLD HASENHÜTTL
SAARBRÜCKEN Papst Franziskus hat dazu aufgerufen, die Differenzen und Hindernisse zwischen Katholiken und Protestanten zu überwinden. Dazu ein Gespräch mit dem katholischen Theologen Gotthold Hasenhüttl aus Saarbrücken, der wegen einer Abendmahlsfeier am Rande des ökumenischen Kirchentags 2003 in Berlin, zu der er auch Nichtkatholiken einlud, vom Priesteramt suspendiert wurde.
Herr Hasenhüttl, in einem ökumenischen Gespräch mit der EKD hat der Papst gestern eine Intensivierung des theologischen Dialogs anlässlich des Reformationsjahres gefordert. Ein positives Signal, vielleicht auch in Richtung eines gemeinsamen Abendmahls? HASENHÜTTL Es scheint, dass der Papst zumindest in einer praktischen Hinsicht etwas für eine stärkere Annäherung tun will. Aber sicher nicht in der grundlegenden Frage des Abendmahls. Ein wichtiger erster Schritt wäre, die Exkommunikation Luthers aufzuheben – in diesem Jahr des Reformationsgedenkens. Wenn das der Fall wäre, dann wäre auch ein kleiner Schritt in Richtung Abendmahlsgemeinschaft möglich.
Warum ist in Ihren Augen die Aufhebung der Exkommunikation Luthers so wichtig?
HASENHÜTTL Mit Personen, die exkommuniziert sind, kann der Papst als Oberhaupt der katholischen Kirche kein Gespräch auf gleicher Ebene führen. Denn exkommunizieren heißt ja ausschließen. Aber die Exkommunikation Luthers aufheben – das könnte Franziskus durchaus tun. So wie etwa Johannes Paul II. für die Aufhebung der gegenseitigen Exkommunikation zwischen Ostund Westkirche gesorgt hat. Jedenfalls wäre das einfacher als die Abendmahlsgemeinschaft. Dann wäre die evangelische Kirche nicht mehr ausgeschlossen.
Hieße das nicht nach katholischer Lesart, dass dann die evangelische Kirche Teil der katholischen würde? Eine Wiedervereinigung quasi? HASENHÜTTL Nein, das heißt es keineswegs. Denn der wichtige Fortschritt, der im Zweiten Vatikanischen Konzil erreicht wurde, ist ja, dass die katholische Kirche nicht identisch ist mit der Kirche Christi. Dass die Identitätsformel also aufgehoben ist und es verschiedene Formen der Verwirklichung der Kirche Christi gibt.
Was wäre der nächste Schritt – auch etwa in Richtung gemeinsames Abendmahl?
HASENHÜTTL Der zweite Schritt wäre eine Anerkennung des evanglischen Abendmahls als vollwertige Eucharistie-Feier. Dann wäre eine Abendmahlsgemeinschaft problemlos möglich.
Halten Sie das unter Franziskus nicht doch für möglich? HASENHÜTTL Nein, ich halte das für fast ausgeschlossen. Ich glaube nicht, dass Franziskus das in der universalen Weise in Angriff nehmen wird. Denn gerade auch unter den deutschen Bischöfen gibt es viele, die darin eine Aufweichung der „wahren Lehre“sehen.
Das Gespräch führte Iris Neu-Michalik.