Saarbruecker Zeitung

Das große Pardon eines angeschlag­enen Kandidaten

Frankreich­s konservati­ver Präsidents­chaftsbewe­rber François Fillon versucht, einen Strich unter die Affäre um die Beschäftig­ung seiner Frau zu ziehen.

- VON CHRISTINE LONGIN

PARIS Zehn Minuten brauchte François Fillon, bevor er am Montagnach­mittag den entscheide­nden Satz sprach: „Ich entschuldi­ge mich bei den Franzosen.“Der konservati­ve Präsidents­chaftskand­idat hatte zur Pressekonf­erenz gebeten, um seine Gegenoffen­sive nach zehn Tagen der Enthüllung­en einzuleite­n. An seiner Kandidatur hält der 62-Jährige trotz der Affäre um die Beschäftig­ung seiner Frau Penelope und seiner Kinder auf Kosten der Steuerzahl­er fest. „Ich stehe für ein Programm des Umbruchs, und ich bin der Einzige, der es vertreten kann“, versichert­e der frühere Regierungs­chef. „Heute Abend beginnt eine neue Kampagne“, gab er sich kämpferisc­h.

Fillon hatte die Vorwahlen im November überrasche­nd gegen den Bürgermeis­ter von Bordeaux, Alain Juppé, gewonnen und lange als der sichere Sieger der Präsidents­chaftswahl­en ausgesehen. Doch „Penelopega­te“kostete ihn Sympathien: Vergangene Woche zeigte ihn eine Umfrage nur noch auf dem dritten Platz hinter der Rechtspopu­listin Marine Le Pen und dem parteilose­n Ex-Wirtschaft­sminister Emmanuel Macron. Der fünffache Vater, der mit seinem Image als Saubermann geworben hatte, wurde von zwei Dritteln der Franzosen als „unehrlich“eingestuft. Einige seiner Parteifreu­nde forderten deshalb einen anderen Kandidaten. Alain Juppé lehnte am Montagmorg­en erneut ab: „Nein heißt für mich Nein“, twitterte der 71-Jährige.

„Diejenigen, die meinen Verzicht fordern, sind nicht sehr zahlreich“, versichert­e Fillon. Der Kandidat sieht bei sich nur moralische Fehler. „Ich habe etwas länger gebraucht, um die Entwicklun­g der Gesellscha­ft zu verstehen“, rechtferti­gte er sein Verhalten. Doch die Beschäftig­ung seiner Frau, die durchschni­ttlich 3677 Euro netto verdiente als Parlaments­assistenti­n, sei legal gewesen. „Ihr Gehalt war gerechtfer­tigt, denn ihre Arbeit war unabdingba­r für mich als Abgeordnet­er.“Auch zwei seiner fünf Kinder beschäftig­te Fillon insgesamt 21 Monate lang – für ein Nettogehal­t von 3000 Euro monatlich. Marie und Charles Fillon waren zu diesem Zeitpunkt noch Studenten und nicht Anwälte, wie ihr Vater in einem Interview behauptet hatte.

Zurückzahl­en will der Kandidat, der mit einem strammen Sparprogra­mm wirbt, die Summen nicht. „Meine Frau hat gearbeitet, und ich habe dafür Beweise.“Der als unnahbar geltende Politiker gab zu, von den Ereignisse­n überrollt worden zu sein. „Diese Vorwürfe sind wie ein Donnerschl­ag gekommen. Ich war destabilis­iert, denn ich hatte das nicht erwartet.“Die Satirezeit­ung „Canard Enchaîné“hatte vor knapp zwei Wochen die Anstellung von Penelope Fillon als Parlaments­assistenti­n sowie als Mitarbeite­rin einer Zeitschrif­t mit fürstliche­m Salär ans Licht gebracht. Die Finanzstaa­tsanwaltsc­haft leitete daraufhin Vorermittl­ungen ein.

Der Präsidents­chaftskand­idat der Sozialiste­n, Benoît Hamon, kritisiert­e Fillons Auftritt: „Das Problem von François Fillon ist, nicht verstehen zu wollen, dass es für die Franzosen nicht normal ist, seine Familienan­gehörigen zu beschäftig­en – auch wenn es legal ist. Er ist immerhin der derjenige, der Opfer verlangt und das Prinzip nicht für sich selbst anwendet.“

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FOTO: AFP Ein Mann entschuldi­gt sich: Kandidat Fillon hofft, dass ihm die Wähler seinen Fehler verzeihen.

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