Trumps machtbewusster Meister der Apokalypse
ANALYSE Der erzkonservative Präsidentenberater Steve Bannon will die globale Elite entmachten und eine Rückkehr zum Nationalstaat. Sein Einfluss ist groß.
WASHINGTON Es ist ein Film voller apokalyptischer Bilder. Dunkle Sturmwolken ziehen auf, gläserne Bürotürme stürzen ein. „Es muss Phasen geben, in denen wir uns des Alten entledigen“, kommentiert ein Sprecher die Verwüstung.
Als Steve Bannon den Streifen mit dem Titel „Generation Zero“drehte, waren seit der Finanzkrise gerade mal zwei Jahre vergangen. Die Pleite der Investmentbank Lehman Brothers, so lautete die Kernbotschaft seines Films, bedeute viel mehr als einen Crash an der Wall Street, nämlich einen Wendepunkt der Geschichte, ebenso chaotisch wie notwendig. Nach Bannons Theorie wiederholen sich alle 80 bis 100 Jahre Momente, in denen die alte Ordnung zertrümmert und der Grundstein für eine neue gelegt wird. Amerikas Unabhängigkeitskriege, der Bürgerkrieg zwischen Nord- und Südstaaten, die Große Depression: Um einen Einschnitt ähnlicher Größenordnung habe es sich bei der Finanzkrise gehandelt.
Als der düstere Film produziert war, wurde er zum ideologischen Rüstzeug der Tea-Party-Bewegung, jener rechten Rebellen, die in ihrer Analyse bisweilen ganz ähnlich klangen wie linke Kritiker des Systems. Vom Sozialismus für Reiche und Kapitalismus für den großen Rest ist in „Generation Zero“die Rede: Verantwortungslose Banker hätten am Glücksrad gedreht, wohl wissend, dass der Steuerzahler mit Rettungspaketen einspringen würde, falls es schief ging. Schon damals prägte Bannon die Metapher von den vergessenen Männern und Frauen, die Donald Trump später in seine Wahlkampfreden einflechten sollte. Nur war er damals noch ein obskurer Populist. Heute ist er Chefstratege im Weißen Haus, ein Strippenzieher, der den ersten Amtswochen des Präsidenten Trump seinen Stempel aufdrückt.
Nicht nur, dass Bannon zum ständigen Mitglied im Nationalen Sicherheitsrat ernannt wurde, was George W. Bush seinem Politikstrategen Karl Rove ebenso verwehrte wie Barack Obama seinem Vordenker David Axelrod. In einem Duell mit dem Minister für Heimatschutz, schreiben US-Zeitungen, ließ er seine Macht bereits spüren. Als Trump verfügte, Bürger aus sieben Ländern mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit vorläufig nicht mehr einreisen zu lassen, wies Bannon den verunsicherten Ex-General John Kelly an, den Bann auch dann anzuwenden, wenn einer der Betroffenen eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung (Green Card) besitzt. Worauf Kelly erwidert haben soll, dass er nur einer direkten Order des Präsidenten folge. Es ist eine Episode, die zweierlei deutlich macht. Zum einen den Machtanspruch des Strategieberaters, zum anderen die Grenzen, an die er stoßen könnte. Besonnenere Köpfe wie Rex Tillerson und James Mattis, der Außen- und der Verteidigungsminister, könnten dem Brandstifter Paroli bieten.
Der Ex-Investmentbanker, der mit Anteilen an der TV-Sitcom „Seinfeld“reich wurde und später die rechte Internet-Platform „Breitbart“übernahm, formulierte sein Weltbild 2014 auf einer Konferenz des Vatikan. Früher, dozierte er, habe der Westen aus einer Ansammlung judäo-christlich geprägter Nationalstaaten bestanden, die eine humane Form des biblischen Kapitalismus praktiziert und kulturell homogene Gemeinwesen gefördert hätten. Dann aber habe die „Partei von Davos“(nach dem Austragungsort des Weltwirtschaftsforums) Globalisierung, Multilateralismus und Vielfalt gepredigt und so die moralischen Fundamente jener Welt untergraben. Ergo komme es beim fälligen Umsturz darauf an, die globale Elite zu entmachten und sich von Neuem auf den Nationalstaat zu besinnen.