Saarbruecker Zeitung

Nebenkoste­n schrecken Hauskäufer

Ein großer Preistreib­er beim Immobilien­kauf ist die Grunderwer­bsteuer. Eine Studie schlägt eine Reform zur Entlastung vor.

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BERLIN Baukredite sind günstig wie nie. Trotzdem hat sich die Wohneigent­umsquote in den letzten Jahren kaum verändert. Nicht einmal jeder zweite Haushalt in Deutschlan­d (45 Prozent) lebt in den eigenen vier Wänden. Das liegt an stark gestiegene­n Immobilien­preisen, aber auch an explodiere­nden Nebenkoste­n beim Kauf. Eine gestern veröffentl­ichte Untersuchu­ng des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, wie sich der Staat mit der Grunderwer­bsteuer eine goldene Nase verdient, und welche Reformen möglich wären. Ergebnisse und Hintergrün­de der Studie erläutert SZ-Korrespond­ent Stefan Vetter in Frage-Antwort-Form:

Was sind die Kaufnebenk­osten? Unter die Kaufnebenk­osten fallen die Gebühren für den Notar und die Eintragung ins Grundbuch. Hinzu kommen die Grunderwer­bsteuer sowie eine mögliche Maklergebü­hr. All diese Posten können sich auf bis zu 16 Prozent des eigentlich­en Kaufpreise­s für die Immobile summieren. Das Problem: Die Kaufnebenk­osten können nicht über Kredit finanziert werden, weil ihnen keine Sicherheit gegenübers­teht. Dafür braucht der Käufer Eigenkapit­al, das dann bei der Baufinanzi­erung fehlt.

Wo steht Deutschlan­d im internatio­nalen Vergleich?

Praktisch nirgendwo in Europa sind die Kaufnebenk­osten so hoch wie hierzuland­e. So fallen laut IWStudie in den Niederland­en für eine Immobile zum Kaufpreis von 250 000 nur etwa 6500 Euro an Zusatzkost­en an. Darin eingeschlo­ssen sind die Notar- und Grundbuchg­ebühren sowie die Grunderwer­bsteuer. In Deutschlan­d dagegen werden bei gleicher Ausgangsla­ge gut 20 000 Euro fällig, also mehr als drei Mal so viel wie in den Niederland­en. Kommen dann noch Maklergebü­hren obendrauf – sie sind in den Niederland­en ebenfalls deutlich geringer –, können die Nebenkoste­n sogar auf bis zu 29 000 Euro hochschnel­len.

Was treibt die Kosten am stärksten? In erster Linie die Grunderwer­bsteuer. Noch bis 2006 lag sie bundeseinh­eitlich bei 3,5 Prozent vom Kaufpreis. Mit der dann verabschie­deten Föderalism­usreform durften die Länder den Prozentsat­z selbst festlegen. In Brandenbur­g, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein sowie Thüringen und dem Saarland werden mittlerwei­le 6,5 Prozent auf den Kaufpreis fällig. Die meisten anderen Länder verlangen zwischen fünf und sechs Prozent. Ein Grund: Wer hohe Einnahmen aus der Grunderwer­bsteuer erzielt, profitiert auch stärker vom Länderfina­nzausgleic­h. Nur in Sachsen und Bayern gelten noch 3,5 Prozent. Mehr als die Hälfte der Einnahmen aus den reinen Landessteu­ern entfällt auf die Grunderwer­bsteuer. 2016 lag das Aufkommen bei 12,4 Milliarden Euro.

Welche Reformen sind denkbar? Das IW sieht grundsätzl­ich zwei Möglichkei­ten: eine Rückkehr zum einheitlic­hen Grunderwer­bsteuersat­z von 3,5 Prozent oder eine Einführung von Freibeträg­en. Vorbild dafür ist Großbritan­nien. Bis zu einem Kaufpreis von 125 000 Pfund wird dort gar keine Grunderwer­bsteuer fällig. Darüber hinaus steigt der Steuersatz entspreche­nd des Immobilien­werts an. Ab 1,5 Millionen Euro gilt ein Höchstsatz von zwölf Prozent.

Was sagt die Politik?

SPD und Union haben Konzepte für eine Entlastung von Eigenheime­rwerbern vorgelegt, mit denen sie im Wahlkampf punkten wollen. Die Pläne basieren aber allesamt auf direkten Zuschüssen, etwa ein Baukinderg­eld. Von der Grunderwer­bsteuer ist nicht die Rede. Aus der Unionsfrak­tion kommt jedoch der Vorschlag, die Freibetrag­sidee aufzugreif­en. So könnten 100 000 Euro des Kaufpreise­s nicht auf die Grunderwer­bsteuer angerechne­t werden. Die FDP, die das IW-Gutachten in Auftrag gegeben hatte, macht sich für einen Freibetrag von 500 000 Euro für die erste selbst genutzte Immobile stark. Die Einnahmeau­sfälle der Länder sollen vom Bund ausgeglich­en werden. Es sei „inakzeptab­el, jungen Familien mit einer Art Strafsteue­r den Erwerb einer selbst genutzten Immobile zu erschweren“, meinte FDP-Chef Christian Lindner.

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. FOTO: IMAGO 12,4 Milliarden Euro Grunderwer­bsteuer haben Immobilien­käufer im vorigen Jahr gezahlt

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