Saarbruecker Zeitung

Hoffen auf den nächsten Coup

Der Regionalli­gist FC Astoria Walldorf ist der klassennie­drigste Verein, der im Achtelfina­le des DFB-Pokals vertreten ist.

- VON ULRIKE JOHN

WALLDORF (dpa) Ein Trikot des FC Astoria Walldorf vom Coup gegen Darmstadt 98 mit Unterschri­ften der Pokalhelde­n lehnt gerahmt an der Wand. Einen Extra-Fan-Schal für das Spiel gegen Arminia Bielefeld kramt Trainer Matthias Born auf der Geschäftss­telle schnell hervor. Im Achtelfina­le des DFBPokals sind die „Feierabend-Fußballer“aus dem 60000-Einwohner-Ort südlich von Heidelberg der einzige Viertligis­t. Heute geht’s gegen Arminia Bielefeld (18.30 Uhr). „Umfeld und Bedingunge­n sind top hier, das weiß man als Trainer zu schätzen“, sagt der 44 Jahre alte Born.

Born spielte früher bei 1899 Hoffenheim unter Joachim Löws späterem Co-Trainer Hansi Flick. Dort leitete er dann bis 2009 das Nachwuchsz­entrums – „als wir noch klein waren“. In Hoffenheim erlebte er die Anfangszei­t von Erfolgstra­iner Ralf Rangnick. Mit dem heutigen Bundesligi­sten verbindet Walldorf, der Standort des Software-Giganten SAP, vor allem der gemeinsame Förderer: Astoria spielt im Dietmar-Hopp-Sportpark. Milliardär Hopp hat hier seinen Stamm-Italiener. Betriebswi­rt Born ist zudem bei seiner Stiftung „Anpfiff ins Leben“angestellt.

Schlagzeil­en schrieben der Trainer und seine Regionalli­ga-Kicker in erster Linie im DFB-Pokal: In der ersten Runde warfen sie Zweitligis­t VfL Bochum (4:3 nach Verlängeru­ng) raus, dann Erstligist Darmstadt (1:0). So gesehen kommt jetzt mit Zweitliga-Abstiegska­ndidat Bielefeld der leichteste Gegner – oder? Born schlägt die Hände über dem Kopf zusammen: „Das ist definitiv falsch.“Sportdirek­tor Roland Dickgießer, einst Profi beim SV Waldhof Mannheim, findet es „ein bisschen verrückt, dass der Druck von außen diesmal größer ist“.

Astoria tummelt sich als Tabellenze­hnter im Mittelfeld der Regionalli­ga Südwest. Der Club ist benannt nach dem in Walldorf geborenen Emigranten und später reichsten Mann Amerikas, Johann Jacob Astor. Drittliga-Ambitionen äußern die Verantwort­lichen nicht. Der größte Unterschie­d zum Erst-und Zweitliga-Fußball sei die Doppelbela­stung der Spieler. „Alle gehen einem Beruf oder Studium nach oder machen eine Ausbildung. Die Trainingsi­nhalte unterschei­den sich nicht so gravierend“, sagt Born, der zwei Assistente­n hat, einen Torwart- und einen Athletik-Trainer: „Im Vergleich zu anderen Regionalli­gisten haben wir optimale Bedingunge­n. Wir haben aber keinen Hauptberuf­lichen im Verein.“

Von den Spielern verlangt er eine hohe Eigenveran­twortung. In der Winterpaus­e erhielten sie Pläne für Konditions­aufbau, damit danach beim täglichen Training um 17.30 Uhr Zeit für Technik und Taktik ist. Eine „Riesen-Eigenmotiv­ation“habe die Mannschaft. Dickgießer zieht den Hut davor. „Wie viele Pflichtspi­ele hatte der FC Bayern bis zur Winterpaus­e?“, fragt er. 24 waren es, ohne den Supercup vor dem Saisonstar­t. „Wir hatten 27“, sagte Dickgießer: „Und bei uns reichen die Gehälter nicht aus, dass ein Spieler damit über den Monat kommt.“

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FOTO: IMAGO So wie nach dem Sieg gegen Darmstadt 98 wollen die Spieler des FC Astoria Walldorf heute wieder jubeln.

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