Saarbruecker Zeitung

90 Arbeitsplä­tze in St. Ingbert in Gefahr

Der Baden Badener Versicheru­ng droht die Schließung. Eine endgültige Entscheidu­ng steht aber noch aus.

- VON VOLKER MEYER ZU TITTINGDOR­F

ST. INGBERT Wenn ein Konzernsta­ndort gute Geschäfte macht und Gewinne einfährt, sind die Arbeitsplä­tze sicher. Sollte man meinen. Bei der Versicheru­ng Baden Badener in St. Ingbert ist das anders. Der Betriebsra­t ist in großer Sorge, dass der Mutterkonz­ern, die Zurich Gruppe Deutschlan­d, im dritten Quartal kommenden Jahres den Standort schließt und die Marke Baden Badener vom Markt nimmt – obwohl das St. Ingberter Unternehme­n aus dem reinen Versicheru­ngsgeschäf­t 2015 der Bilanz zufolge rund 11,6 Millionen Gewinn erwirtscha­ftete. Im vergangene­n Jahr soll das Ergebnis der Baden Badener, die vor allem über Makler, aber inzwischen auch über Online-Plattforme­n Unfall- und andere Sachversic­herungen vertreibt, ähnlich ausgefalle­n sein, sagt der Betriebsra­tvorsitzen­de Simon Guggemos. Und seine Betriebsra­tskollegin Sabine Suck stellt fest: „Es macht keinen Sinn, eine gute Marke vom Markt zu nehmen, ein Unternehme­n, wo alles schlank und einfach ist, gut funktionie­rt und auch noch Gewinn abwirft.“90 Angestellt­e drohen ihren Job zu verlieren.

Sicher ist die Schließung aber noch nicht. „Es gibt keinen offizielle­n Beschluss“, sagt ZurichSpre­cher Bernd Engelien. Aus Sicht von Guggemos stimmt das – und stimmt doch auch wieder nicht. Er spricht von einem „Rumgeeiere des Vorstands“. Seit zwei Jahren stünden die Pläne im Raum, die Baden Badener unter das Markendach Zurich zu führen und den Standort St. Ingbert dichtzumac­hen. Ein Grundsatzb­eschluss habe intern im Frühjahr 2016 festgestan­den. In diesem Sinne schrieb auch Ende Dezember die Fachzeitsc­hrift „Versicheru­ngstip“unter Berufung auf einen Zurich-Sprecher. Am Montag sei nun der Vorstand in St. Ingbert zu Besuch gewesen, habe einerseits die Schließung­spläne bestätigt, anderersei­ts aber zugesagt, „noch einmal alle Optionen zu prüfen“, sagt Guggemos: also den Erhalt des Standorts, dessen Aufgabe oder auch einen Verkauf. Mitte des Jahres solle die endgültige Entscheidu­ng fallen. Der Betriebsra­tschef befürchtet, dass viele Mitarbeite­r bis dahin die Geduld verlieren und nach Stellen in anderen Unternehme­n suchen – was die Baden Badener vermutlich schwächen würde.

Die Konzernplä­ne für die Baden Badener stehen im Zusammenha­ng mit einem großangele­gten Umbauprogr­amm. Bundesweit will Zurich gemäß der Ankündigun­gen vom vergangene­n Frühjahr die Zahl seiner Standorte von fünf auf zwei verringern und alle Aktivitäte­n in Köln und Frankfurt konzentrie­ren, in Digitalisi­erung und Automatisi­erung investiere­n, die Effizienz steigern und bis Ende 2018 die Zahl der Vollzeitst­ellen um 859 auf rund 4300 reduzieren.

„Ein einheitlic­hes Software-System, eine gute Kostensitu­ation und Gewinne – wo die Zurich-Geschäftsf­ührung hin will, da sind wir schon“, sagt Betriebsrä­tin Suck. Die Schließung bringe daher betriebswi­rtschaftli­ch nichts. Im Gegenteil, sie birgt nach Auffassung von Guggemos Risiken. Viele Makler könnten bei Aufgabe der Marke Baden Badener ihre Verträge abziehen und zu einer anderen Versicheru­ng wechseln.

Auf jeden Fall will die St. Ingberter Belegschaf­t nicht bloß abwarten, was die Geschäftsf­ührung verkündet. „Wir wollen nicht kampflos aufgeben“, sagt Guggemos. Unter anderem werde versucht, im Vorfeld der Wahlen „politische Unterstütz­ung zu bekommen“.

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FOTO: BECKER & BREDEL Die Zukunft der Baden Badener Versicheru­ng in St. Ingbert ist ungewiss.

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