Saarbruecker Zeitung

„Piëch ist ein sehr starker Taktiker“

-

BERLIN Der Streit zwischen VW und Ferdinand Piëch eskaliert. Für den renommiert­en Automobile­xperten Ferdinand Dudenhöffe­r steht fest: Der Ex-Aufsichtsr­atschef will sich absichern. Ob und was er gewusst hat, darüber rätselt auch der Professor der Uni Duisburg-Essen – und fordert eine unabhängig­e Untersuchu­ngskommiss­ion.

Herr Dudenhöffe­r, wie schätzen Sie die Vorwürfe von Ferdinand Piëch ein?

DUDENHÖFFE­R Man muss die Anschuldig­ungen sehr ernst nehmen.

Das heißt?

DUDENHÖFFE­R Es sollte eine unabhängig­e Untersuchu­ngskommiss­ion beauftragt werden, den Sachverhal­t zu klären. Man kann sich jetzt nicht mehr zu Hundertpro­zent auf die Staatsanwa­ltschaft verlassen. Weil das eventuell den Eindruck vermitteln würde, dass man nicht alle Möglichkei­ten ausschöpft, um lückenlos aufzukläre­n.

Was treibt Piëch an? DUDENHÖFFE­R Piëch ist ein sehr starker Taktiker. Er scheint frühzeitig etwas gewusst zu haben. Nach meiner Einschätzu­ng will er sich selber irgendwo absichern. Inwieweit auch er schuldig oder unschuldig ist, vermag ich nicht zu sagen. Das ist von außen ganz schwer zu beurteilen. Deswegen: Es ist jetzt ganz wichtig, dass dieser Fall in größere Hände gegeben wird als in die der Staatsanwa­ltschaft Braunschwe­ig. Die Risiken für das Unternehme­n, das Land Niedersach­en und die Politik sind angesichts der Vorwürfe zu groß.

Welche Folgen könnte die neue Schlammsch­lacht bei VW haben? DUDENHÖFFE­R Auf den Konzern können Belastunge­n in Höhe von zehn Milliarden Euro zukommen. Und zwar dann, wenn sich bewahrheit­et, dass das Management es viel frühzeitig­er versäumt hat, die Aktionäre über die Risiken aus dem Dieselskan­dal zu informiere­n. Eine entspreche­nde Meldung nach Börsengese­tz ist dann nicht gemacht worden. Dafür müssten der Konzern beziehungs­weise die Manager haften. VW muss jetzt genau prüfen, gegen welche Personen es rechtlich vorgeht. Damit man sich absichert gegen Ansprüche, die auftreten können.

Verstärken die Vorgänge den Vertrauens­verlust der Kunden in den Konzern?

DUDENHÖFFE­R Das verstärkt den Vertrauens­verlust in den gesamten VW-Aufsichtsr­at.

Die Fragen stellte Hagen Strauß.

Newspapers in German

Newspapers from Germany