Zwischenfall in Atomkraftwerk erschüttert Frankreich
Fünf Arbeiter leicht verletzt. Behörden und Kraftwerksbetreiber betonen: keine Gefahr.
FLAMANVILLE Eine Detonation im Atomkraftwerk Flamanville am Ärmelkanal hat die Sicherheit der französischen Meiler erneut in Frage gestellt. Laut dem Präfekten der Region, Jacques Witkowski, hatte gestern Morgen im Maschinenraum des Reaktors Nummer eins ein überhitzter Ventilator zu brennen angefangen und die Detonation ausgelöst. Fünf Angestellte erlitten leichte Rauchvergiftungen. Das Risiko einer Verstrahlung habe nicht bestanden, da der atomare Bereich nicht betroffen gewesen sei, sagte Witkowski im Fernsehsender BFMTV. Er sprach von einem „technischen Zwischenfall, der durch ein elektrisches Problem ausgelöst wurde.“
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace wies darauf hin, dass es sich bereits um den dritten Brand innerhalb von zehn Tagen in einer französischen Atomanlage handelte. In Cattenom an der Mosel war ebenfalls zweimal ein Feuer ausgebrochen, zuletzt am Sonntag im Maschinenraum. Ende Januar hatte es im Verwaltungsgebäude von Cattenom gebrannt. Eine dicke Rauchwolke hing über der Anlage, die nur rund 70 Kilometer von Saarbrücken entfernt ist. Das Saarland, Rheinland-Pfalz und Luxemburg fordern seit langem die Abschaltung des Meilers. „Das alles hängt mit der schweren Verschlechterung des Zustands der französischen Reaktoren zusammen“, erklärte Greenpeace. Auch die Atomsicherheitsbehörde ASN habe die Probleme angesprochen. ASN-Chef Pierre-Franck Chevet hatte im Januar gesagt: „Was die Atomanlagen angeht, ist der Kontext besorgniserregend.“
Die beiden Reaktoren des Akw Flamanville, die direkt am Meer liegen, sind mehr als 30 Jahre alt und habe eine Leistung von 1300 Megawatt. Im August 2015 hatte die Rauchentwicklung in Reaktor zwei den Notfallplan in Gang gesetzt, ohne dass allerdings ein Feuer ausgebrochen war. Ende 2015 legte eine Transformatorenpanne Reaktor zwei mehrere Wochen lahm. Reaktor eins hatte dagegen in den vergangenen Jahren ohne Zwischenfälle funktioniert.
Als dritter Reaktor soll Ende nächsten Jahres der moderne Druckwasserreaktor EPR dazukommen, an dem seit 2007 gebaut wird. Allerdings ist der EPR schon jetzt sehr pannenanfällig, so dass sich die Inbetriebnahme immer weiter verzögert. Zuletzt waren Mängel am Stahl festgestellt worden, aus dem Deckel und Bodenplatte des Druckbehälters bestehen. Da die Bauteile aus dem Werk des Atomkonzerns Areva in Le Creusot kamen, sind auch andere Akw betroffen. Vom Start von Flamanville 3 hängt die Abschaltung des Atomkraftwerks Fessenheim am Oberrhein ab. Präsident François Hollande hatte versprochen, den ältesten Meiler Frankreichs vom Netz zu nehmen. Mit einem Verwaltungsratsbeschluss des Betreibers EDF wurde das Aus im Januar in die Wege geleitet.
Insgesamt hat Frankreich 58 Reaktoren und damit den größten Atomkraftwerkspark in Europa.