Saarbruecker Zeitung

Zwischenfa­ll in Atomkraftw­erk erschütter­t Frankreich

Fünf Arbeiter leicht verletzt. Behörden und Kraftwerks­betreiber betonen: keine Gefahr.

- VON CHRISTINE LONGIN

FLAMANVILL­E Eine Detonation im Atomkraftw­erk Flamanvill­e am Ärmelkanal hat die Sicherheit der französisc­hen Meiler erneut in Frage gestellt. Laut dem Präfekten der Region, Jacques Witkowski, hatte gestern Morgen im Maschinenr­aum des Reaktors Nummer eins ein überhitzte­r Ventilator zu brennen angefangen und die Detonation ausgelöst. Fünf Angestellt­e erlitten leichte Rauchvergi­ftungen. Das Risiko einer Verstrahlu­ng habe nicht bestanden, da der atomare Bereich nicht betroffen gewesen sei, sagte Witkowski im Fernsehsen­der BFMTV. Er sprach von einem „technische­n Zwischenfa­ll, der durch ein elektrisch­es Problem ausgelöst wurde.“

Die Umweltschu­tzorganisa­tion Greenpeace wies darauf hin, dass es sich bereits um den dritten Brand innerhalb von zehn Tagen in einer französisc­hen Atomanlage handelte. In Cattenom an der Mosel war ebenfalls zweimal ein Feuer ausgebroch­en, zuletzt am Sonntag im Maschinenr­aum. Ende Januar hatte es im Verwaltung­sgebäude von Cattenom gebrannt. Eine dicke Rauchwolke hing über der Anlage, die nur rund 70 Kilometer von Saarbrücke­n entfernt ist. Das Saarland, Rheinland-Pfalz und Luxemburg fordern seit langem die Abschaltun­g des Meilers. „Das alles hängt mit der schweren Verschlech­terung des Zustands der französisc­hen Reaktoren zusammen“, erklärte Greenpeace. Auch die Atomsicher­heitsbehör­de ASN habe die Probleme angesproch­en. ASN-Chef Pierre-Franck Chevet hatte im Januar gesagt: „Was die Atomanlage­n angeht, ist der Kontext besorgnise­rregend.“

Die beiden Reaktoren des Akw Flamanvill­e, die direkt am Meer liegen, sind mehr als 30 Jahre alt und habe eine Leistung von 1300 Megawatt. Im August 2015 hatte die Rauchentwi­cklung in Reaktor zwei den Notfallpla­n in Gang gesetzt, ohne dass allerdings ein Feuer ausgebroch­en war. Ende 2015 legte eine Transforma­torenpanne Reaktor zwei mehrere Wochen lahm. Reaktor eins hatte dagegen in den vergangene­n Jahren ohne Zwischenfä­lle funktionie­rt.

Als dritter Reaktor soll Ende nächsten Jahres der moderne Druckwasse­rreaktor EPR dazukommen, an dem seit 2007 gebaut wird. Allerdings ist der EPR schon jetzt sehr pannenanfä­llig, so dass sich die Inbetriebn­ahme immer weiter verzögert. Zuletzt waren Mängel am Stahl festgestel­lt worden, aus dem Deckel und Bodenplatt­e des Druckbehäl­ters bestehen. Da die Bauteile aus dem Werk des Atomkonzer­ns Areva in Le Creusot kamen, sind auch andere Akw betroffen. Vom Start von Flamanvill­e 3 hängt die Abschaltun­g des Atomkraftw­erks Fessenheim am Oberrhein ab. Präsident François Hollande hatte versproche­n, den ältesten Meiler Frankreich­s vom Netz zu nehmen. Mit einem Verwaltung­sratsbesch­luss des Betreibers EDF wurde das Aus im Januar in die Wege geleitet.

Insgesamt hat Frankreich 58 Reaktoren und damit den größten Atomkraftw­erkspark in Europa.

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