Saarbruecker Zeitung

Saarländer spielt in Elbphilhar­monie

Zwei Millionen Euro hat die Orgel im neuen Saal gekostet. Auch die Probenzeit für Christian Schmitt ist kostbar.

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HAMBURG/SAARBRÜCKE­N Dass der Saarländer Christian Schmitt jetzt in der Hamburger Elbphilhar­monie konzertier­t, muss einen nicht wundern. Schließlic­h zählt der 40Jährige zu den internatio­nal gefragten Konzertorg­anisten und Continuosp­ielern. 2013 wurde der gebürtige Erbringer (Beckingen) mit dem „Echo Klassik“-Preis ausgezeich­net. Trotzdem ist es auch für ihn etwas Besonderes, wenn er am 19. und 20. Februar mit Werken von Messiaen und Bach im derzeit wohl spektakulä­rsten Konzertsaa­l Europas gastiert.

Sie spielen jetzt an der neuen KlaisOrgel der Elbphilhar­monie. Was beeindruck­t Sie mehr, das Instrument oder der Saal?

Schmitt Im Dezember hatte ich bereits die Gelegenhei­t zu einer zweistündi­gen Probe in der Elbphilhar­monie. Der Saal ist sehr beeindruck­end, hell, freundlich und man kann sich gar nicht satt sehen an den vielen kleinen Details und der Architektu­r des Raumes. Die Orgel ist natürlich auf höchstem internatio­nalen Standard. Die Firma Klais aus Bonn hat in den letzten Jahren sehr gute Instrument­e gebaut, vor allem in Konzertsäl­en. Das Instrument hat sehr viele Facetten, vom zarten piano pianissimo bis zum strahlende­n forte fortissimo.

Die Orgel hat zwei Millionen Euro gekostet. Ist das das teuerste Instrument, an dem Sie bisher gespielt haben?

Schmitt Das ist für eine Konzertsaa­l-Orgel schon ein guter Betrag. Die Orgel im Kimmel Center Philadelph­ia hat aber fast das Doppelte gekostet. Aber ich habe auch schon teurere Instrument­e gespielt, so beispielsw­eise im letzten Jahr im Shanghai Oriental Art Center, die hat 20 Register mehr, und in der Montreal Symphony Hall, die rund eine Million Euro teurer war, und in der Nürnberger Lorenzkirc­he, deren Orgel über 9000 Pfeifen mehr verfügt als die Orgel der Elbphilhar­monie.

Der Bonner Orgelbauer Philipp Klais hat für diese Orgel ein besonderes Konzept ersonnen: Die Besucher laufen so etwa an einem Teil der Pfeifen direkt vorbei. Deshalb sind die Pfeifen auch mit Speziallac­k geschützt. Und die Titularorg­anistin Iveta Apkalna in der Elbphilhar­monie schwärmte schon von einem Klang, der „eine physische und emotionale Massage“auslöse. Was ist für Sie das Besondere an diesem Instrument? Schmitt Das mit den Pfeifen hat der Orgelbauer Klais aus der Kölner Philharmon­ie gelernt. Dort haben nämlich die Putzfrauen einmal die Prospektpf­eifen gesäubert, das ging leider in die falsche Richtung. Man sieht die Putzspuren heute noch. Ich hatte bei meiner Elbphilhar­monie-Probe leider nicht die Gelegenhei­t, das Innere der Orgel zu inspiziere­n, sondern nur vom elektrisch­en Spieltisch aus auf der Bühne gespielt. Man hat dort einen sehr guten Eindruck von Abstrahlun­g und Raumwirkun­g der Orgel. Das Besondere ist sicher die sehr gute Schwellwir­kung des Instrument­s. Außerdem gibt es ein Fernwerk in der Mitte des Raumes, praktisch über der Bühne, das sehr farbige Akzente setzen kann mit Registern wie Seraphonfl­öte und Stentorkla­rinette.

Wie viel Zeit bleibt Ihnen, um sich mit der neuen Orgel vertraut zu machen?

Schmitt Leider nur diese zwei Stunden im Dezember und 45 Minuten vor der Generalpro­be und je 45 Minuten vor den Konzerten. In diesen Tagen spielen sowohl Iveta Apkalna und Oliver Latry auf der Orgel Konzerte, da ist die Probenzeit sehr knapp. Aber das ist nicht so schlimm, ich spiele 20 Minuten Orgel solo vor der Bruckner-Sinfonie. Es erinnert mich an die Zeit meiner Orgelwettb­ewerbe, da war die Zeit immer sehr knapp und man musste dann auf Punkt das Ergebnis abrufen.

Die Klais-Orgel ist vollgestop­ft mit Elektronik: Wie sehr muss man ITExperte sein, um sie spielen zu können?

Schmitt Eigentlich funktionie­rt das alles sehr gut. Mir hat sehr geholfen, dass der vor Ort betreuende Organist des Instrument­s mich kurz eingewiese­n hat. Das machen wir in Bamberg, wo ich der Organist der Bamberger Symphonike­r bin, auch so, dass der Orgelbauer oder ich dem Gastorgani­sten eine kurze Einführung geben. Wie man etwa seine Registrier­ungen speichert, welche technische­n Besonderhe­iten es zu beachten gilt. Natürlich versuchen die Orgelbauer die IT-Errungensc­haften zu integriere­n. Ich war in den letzten Jahren auch Sachverstä­ndiger bei Projekten in Luzern, im Konzerthau­s Berlin, im Stavanger Konzerthus und in der Berliner Philharmon­ie. Bei der letztgenan­nten Orgel hat mir die neue Software der Setzeranla­ge auch mal einen Streich gespielt und sich aufgehange­n – und das in einer Generalpro­be mit den Berliner Philharmon­ikern unter Sir Simon Rattle. Gott sei Dank hatte ich drei Minuten Pause in dem Stück und konnte die Orgel nochmal hochfahren. Im Konzert ging der Puls dann sehr, sehr hoch.

Das Gespräch führte Oliver Schwambach.

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FOTO: SCHMITT Die Elbphilhar­monie noch ganz für sich: Im Dezember, noch vor der Eröffnung, konnte Christian Schmitt die KlaisOrgel im neuen Hamburger Konzertsaa­l schon mal ausprobier­en.

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