Trumps Einreise-Dekret bleibt weiter auf Eis
POLITIK
Niederlage für den US-Präsidenten: Sein umstrittener EinreiseStopp bleibt außer Kraft. Das Gerichtsurteil sorgte bei Trump für Empörung.
Es hat etwas Beruhigendes inmitten der Verunsicherung, die Donald Trump provoziert. Mag der US-Präsident auch jeden beschimpfen, der sich ihm in den Weg stellt, die Mühlen des Rechtsstaats mahlen verlässlich. Mag er täglich aufs Neue zur Twitter-Keule greifen, die US-Justiz zeigt sich unbeeindruckt von seinen Attacken.
Da sind die drei Berufungsrichter in San Francisco, die gründlich abwägend geprüft haben, ob das vorübergehende Einreiseverbot für Iraner, Iraker, Jemeniten, Libyer, Somalier, Sudanesen und Syrer gegen die Verfassung verstößt – und die überhastete Anweisung des neuen Präsidenten einstimmig zunächst einmal gestoppt haben. Da ist Neil Gorsuch, Trumps Kandidat für den Supreme Court, der sich demonstrativ solidarisiert mit dem Kollegentrio. Keiner der drei Richter stellte sich auf die Seite des Präsidenten, auch nicht Richard R. Clifton, einst von
George W. Bush ernannt, der Konservativste der Runde.
Die Regierung Trump, lautet die Begründung, könne die spezifische Terrorgefahr, die sie ihrem Dekret zugrunde lege, nicht überzeugend beweisen. Sie könne nicht belegen, dass von den Staatsangehörigen jener sieben Länder mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit, denen sie die Einreise vorübergehend untersagen will, eine besondere Bedrohung ausgehe. Statt die Notwendigkeit des Verbots zu erklären, ziehe sie sich auf die Position zurück, dass die Justiz die Entscheidung des Präsidenten nicht auf den Prüfstand stellen dürfe, rügten die Richter – und verneinten diese Anmaßung.
Geht man nach der erster Reaktion, wird der US-Präsident nun den Obersten Gerichtshof anrufen. Doch auch dort riskiert er eine Niederlage – dass lässt die Einmütigkeit der drei Westküstenjuristen vermuten. Zumal im „Supreme Court“die entscheidende neunte Stelle seit Monaten unbesetzt ist – wodurch sich vier eher konservative und vier eher progressive Juristen die Waage halten. Ein Patt, das den Spruch der Vorinstanz nicht kippt.
Wie Trump die Justiz öffentlich unter Druck setzt, bewies er nun erneut. „Wir haben es mit einer Lage zu tun, in der die Sicherheit unseres Landes auf dem Spiel steht, und es ist eine sehr, sehr ernste Lage“, sagte er vor Reportern im Weißen Haus. Er tut sich erkennbar schwer mit dem Prinzip der Gewaltenteilung, der Milliardär, der nie ein Wahlamt innehatte, bevor er ins Weiße Haus einzog. Zu beobachten ist noch immer der Immobilienmagnat, der es gewohnt ist, dass man seinen Anweisungen Folge leistet, ohne sie kritisch zu hinterfragen. Ein Mann mit autokratischen Neigungen, der schnell laut wird, wenn er auf Widerspruch stößt. Die Justiz hat ihm stoisch die Stirn geboten, in einer Kraftprobe, die schneller kam, als es die meisten wohl erwartet hatten. Der Rechtsstaat, hat sie gezeigt, wird auch einen Donald Trump überleben. Ob dem frühen Konflikt eine präsidiale Lernkurve folgt, bleibt indes abzuwarten.