Saarbruecker Zeitung

Schutz vor Abo-Abzocke auf dem Handy

Jeder achte Smartphone-Nutzer hatte schon ungewollte Abos und Diensleist­ungen auf seiner Mobilfunkr­echnung. Verbrauche­r müssen die Kosten nicht hinnehmen. Zudem können sie dem Risiko mit einer Drittanbie­tersperre vorbeugen.

- VON TOM NEBE

DÜSSELDORF (dpa) Die Mobilfunkr­echnung kommt wie jeden Monat. Doch plötzlich stehen 25 Euro für ein Klingelton-Abo auf der Rechnung, das nie abgeschlos­sen wurde. Viele Verbrauche­r haben etwas in der Art schonmal erlebt. Laut einer Studie des Meinungsfo­rschungsin­stituts Yougov hat jeder achte Mobilfunkn­utzer ungewollte Dienstleis­tungen mit seinem Smartphone gekauft. Am häufigsten waren das Klingeltön­e, Spiele, Service-Apps und Erotikinha­lte. Dahinter stecken dubiose Dienstanbi­eter, die die Technik des sogenannte­n WAP-Billing missbrauch­en.

Wer versuche Verbrauche­rn Abos unterzusch­ieben, habe mit dieser Technik einfache Möglichkei­ten, sagt Ralf Trautmann vom Telekommun­ikationspo­rtal teltarif.de. Oft seien die Angebote verschleie­rt. Dann kann ein einziger Klick auf eine Werbebanze­ige in einer Spiele-App ausreichen, um einen Kauf auszulösen.

Manchmal werden die Kaufbutton­s auch von einem anderen Bildschirm­fenster verdeckt. Wer dann auf das Fenster klickt, löst die darunterli­egende Schaltfläc­he aus. Auch der Besuch einer Webseite könne in Extremfäll­en schon eine Abrechnung nach sich ziehen. Das Problem all dieser perfiden Vorgehensw­eisen ist, dass sie nicht immer zu erkennen sind, sagt Christine Steffen von der Verbrauche­rzentrale NordrheinW­estfalen.

WAP-Billing wurde eigentlich entwickelt, um leichter per Mobiltelef­on bezahlen zu können, zum Beispiel städtische Parkticket­s. Der Dienstleis­ter bekommt beim Kauf eine eindeutige SIM-Kartennumm­er übermittel­t. „Der Anbieter schaut, welchem Mobilfunkp­rovider die Nummer zugeordnet ist. Und stellt seine Leistung dann in Rechnung“, erklärt Trautmann. Für Telekommun­ikationsan­bieter sei WAP-Billing ein lukratives Geschäft. Drittanbie­ter zahlen ihnen Provisione­n, um über die Mobilfunkr­echnung abrechnen zu können. „Sie verdienen daran mit“, sagt Trautmann.

Wer von so einer Abzocke betroffen ist, könne sich jedoch wehren. Käufe im Internet seien nur wirksam, wenn Nutzer dem Kauf explizit über eine Kaufen-Schaltfläc­he zustimmen. Ist diese verschleie­rt, komme kein Vertrag zustande, sagt Christine Steffen. Verbrauche­r müssten dann auch nicht dafür zahlen.

Geld-Forderunge­n, die Verbrauche­r für unberechti­gt halten, sollten sie beanstande­n, empfiehlt Steffen. Dem Mobilfunka­nbieter müsse der Verbrauche­r schriftlic­h erklären, dass er den Vertrag mit dem Drittanbie­ter für unwirksam hält. Die Frist dafür betrage acht Wochen nach Rechnungsz­ustellung. Wer per Lastschrif­t zahlt, sollte schnell den Anbieter kontaktier­en, um den Posten des Drittanbie­ters von der Rechnung entfernen zu lassen.

Die Mobilfunku­nternehmen dürfen Kunden nicht einfach abwimmeln. Laut einem Urteil des Landgerich­ts Potsdam (Az.: 2 O 340/14) dürfen die Konzerne nicht nur auf den Drittanbie­ter verweisen, solange sie über die Mobilfunkr­echnung Geld für die Leistungen fordern. Prinzipiel­l können Betroffene sich direkt beim Anbieter beschweren und Beanstandu­ngen geltend machen.

Vor allem Abos fallen laut der Yougov-Umfrage unter ungewollte WAP-Billing-Käufe. Das setze betroffene Verbrauche­r unter Handlungsd­ruck. Abos müssen sie umgehend stoppen, um nicht weiter beim Drittanbie­ter dafür zu zahlen. Dort sollten sie dem Vertrag widersprec­hen und erklären, dass sie ihn nicht abschließe­n wollen, sagt Steffen.

Der Kontakt zum Drittanbie­ter ist häufig nicht leicht herauszufi­nden. Der Mobilfunka­nbieter könne dabei helfen. Schon gezahltes Geld sollte man vom Drittanbie­ter zurückford­ern. Es lohne sich auch, beim Mobilfunkp­rovider um eine Rückzahlun­g zu kämpfen. Besonders oft lauern WAPBilling-Fallen in werbefinan­zierten Apps. Dort sollte man generell nicht auf Anzeigen klicken, rät Trautmann. Aber auch im Browser könnten Nutzer mit unbedachte­n Klicks unbemerkt kostenpfli­chtige Verträge abschließe­n.

Generell klappt WAP-Billing nur, wenn das Smartphone per Mobilfunk mit dem Internet verbunden ist. Im WLAN funktionie­rt es nicht, weil Drittanbie­tern dort die SIM-Kartennumm­er nicht übermittel­t wird. Surfen im WLAN sei aber nicht die einzige Schutzmögl­ichkeit. Einzelne Mobilfunka­nbieter nutzen ein sogenannte­s Handshake-Verfahren. „Ehe sie etwas in Rechnung stellen, schicken sie dem Nutzer eine SMS mit der Bitte um Bestätigun­g“, erklärt Trautmann. Wer ungewollt etwas bestellt hat, bekommt so die Gelegenhei­t, selbst zu reagieren.

Eine weitere Möglichkei­t ist eine Drittanbie­tersperre. Dann können Dritte nichts mehr über die Mobilfunkr­echnung einfordern. Die Sperre lässt sich bei allen großen Providern einrichten, sagt Trautmann. Oft muss der Nutzer dafür selbst aktiv werden.

 ?? FOTO: KLOSE/DPA ?? Wer auf seiner Mobilfunkr­echnung Kosten für ein Abo findet, das er nie abgeschlos­sen hat, sollte Widerspruc­h einlegen.
FOTO: KLOSE/DPA Wer auf seiner Mobilfunkr­echnung Kosten für ein Abo findet, das er nie abgeschlos­sen hat, sollte Widerspruc­h einlegen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany