Saarbruecker Zeitung

„Kein Signal für einen Regierungs­wechsel“

INTERVIEW JÜRGEN FALTER Wahlforsch­er Falter über den neuen Chef von Schloss Bellevue, alte Partei-Vorlieben und fehlende Volksnähe.

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Herr Falter, ein neuer Bundespräs­ident kann auch für neue Regierungs­konstellat­ionen stehen. Wie ist das bei SPD-Politiker FrankWalte­r Steinmeier?

FALTER Er steht für vieles, aber sicher nicht für eine rot-rot-grüne Koalition. Dazu verbindet man mit Steinmeier zu sehr den Agenda-Kurs von Altkanzler Gerhard Schröder und den der großen Koalition. Ein echtes Signal für einen Regierungs­wechsel ist Steinmeier nicht. Höchstens für eine Ampelkoali­tion mit Grünen und FDP. Aber die ist derzeit weit weg von einer Mehrheit.

Mit Walter Scheel von der FDP gab es bereits einen Bundespräs­identen, der praktisch bis zur Amtsüberna­hme Außenminis­ter war. Bringt diese Erfahrung nur Vorteile mit sich, oder kann das auch ein Problem sein?

FALTER Der Bundespräs­ident muss vor allem auf innenpolit­ischem Gebiet Wirkung entfalten. Sicher hat er Deutschlan­d auch im Ausland zu repräsenti­eren. Aber das ist für die Bürger eher zweitrangi­g. Als ehemaliger Kanzleramt­schef ist Steinmeier durchaus mit der Innenpolit­ik vertraut. Insofern sollte die neue politische Rolle kein Problem für ihn sein.

Steinmeier wirkt wenig volksnah. Ist das ein Makel?

FALTER Das ist gar nicht so entscheide­nd. Richard von Weizsäcker war als Bundespräs­ident ganz bestimmt nicht volksnah, aber trotzdem der vielleicht am allermeist­en geachtete. Auch Karl Carstens oder Gustav Heinemann waren sicher nicht volksnah, sondern distinguie­rte, also vornehme Leute. Das hat ihnen nicht geschadet. Dagegen war zum Beispiel Horst Köhler sehr volksnah und ist gescheiter­t. Die Wirkung des Staatsober­hauptes entsteht durch das Wort und das Vorbild und nicht durch eine Art öffentlich­e Kumpelhaft­igkeit.

In seiner Antrittsre­de als künftiges Staatsober­haupt hat sich Steinmeier als Mutmacher empfohlen, um die Fundamente der Demokratie zu stärken. Was sagt uns das für seine Präsidents­chaft?

FALTER Auch Roman Herzog ging es als Bundespräs­ident um Mut machen. Allerdings stärker auf Reformen bezogen. Steinmeier will dieses Motiv offenbar stärker auf politische Werte beziehen. Er kann das auch variieren. Ebenfalls auf Reformen münzen, aber auch auf rechtsextr­eme Bedrohunge­n oder die Politik von Donald Trump. Ich denke, da ist viel Stoff drin.

Lesen Sie das komplette Interview von Stefan Vetter mit Jürgen Falter unter www.saarbrueck­er-zeitun.de/berliner_buero

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