Saarbruecker Zeitung

Tsipras warnt vor neuem Druck auf Griechenla­nd

Griechisch­er Regierungs­chef kritisiert Äußerungen von Wolfgang Schäuble, das Land leiste sich zu hohen Lebensstan­dard.

- VON CATHERINE BOITARD

ATHEN (afp) Griechenla­nds Regierungs­chef Alexis Tsipras hat den Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) und Bundesfina­nzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gewarnt, sie sollten in der griechisch­en Schuldenkr­ise nicht länger „mit dem Feuer spielen“.

Bei einem Treffen seiner linksgeric­hteten Syriza-Partei sagte Tsipras am Samstag in Athen, die widerstrei­tenden Positionen beider Seiten seien der Grund für die derzeitige Blockade in den Verhandlun­gen zwischen Athen und seinen Gläubigern. An Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gerichtet sagte Tsipras, die deutsche Regierungs­chefin müsse dafür sorgen, dass ihr Finanzmini­ster seine „permanente Aggressivi­tät“gegenüber Griechenla­nd einstelle. Der Ministerpr­äsident forderte auch den Internatio­nalen Währungsfo­nds zu einem Kurswechse­l auf, „damit die Diskussion­en auf technische­r Ebene fortgesetz­t werden können“.Auch Vizekanzle­r und Außenminis­ter Sigmar Gabriel (SPD) hat den Kurs von Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) bei der Griechenla­nd-Rettung kritisiert. Man dürfe „nicht schon wieder wie Wolfgang Schäuble den Versuch unternehme­n, (...) die Griechen raus aus dem Euro zu drängen“, sagte der scheidende SPD-Chef Gabriel am Samstagabe­nd bei einem Parteiempf­ang

Das Euro-Mitglied Griechenla­nd ist hoch verschulde­t und wird seit Jahren durch internatio­nale Finanzhilf­en vor dem Bankrott bewahrt. Mitte 2015 hatten sich die Euro-Partner mit Griechenla­nd auf ein drittes Hilfsprogr­amm im Umfang von insgesamt bis zu 86 Milliarden Euro geeinigt. Anders als bei den vorherigen Programmen ist der IWF daran aber bisher nicht mit eigenen Finanzmitt­eln beteiligt. Der IWF macht seine Beteiligun­g von der langfristi­gen Tragfähigk­eit der griechisch­en Schulden abhängig und tritt für Schuldener­leichterun­gen ein. Deutschlan­d fordert eine IWF-Beteiligun­g – lehnt aber eine weitere Schuldener­leichterun­g für Griechenla­nd ab.

Am Freitag war ein Treffen zwischen Vertretern Athens und seiner Gläubiger in Brüssel ergebnislo­s zu Ende gegangen. Schäuble hatte erst kürzlich gefordert, der Druck auf Griechenla­nd, Reformen durchzuset­zen und wettbewerb­sfähig zu sein, müsse aufrechter­halten werden. Ansonsten könne das Land „nicht in der Währungsun­ion bleiben“. Das Problem sei, dass sich Griechenla­nd „einen höheren Lebensstan­dard leistet, als Griechenla­nd erwirtscha­ftet“, sagte Schäuble in der ARD-Sendung „Maischberg­er“. EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker lobte unterdesse­n in einem Interview mit dem Deutschlan­dfunk die bislang geleistete Arbeit der Griechen. Das Land habe „bei aller Verdrießli­chkeit über die Lage sehr viele Strukturen und sonstige Reformen vorgenomme­n“. In den Jahren 2014 und 2015 sei mitunter öffentlich über Griechenla­nd in einem Ton gesprochen worden, der „den griechisch­en Anstrengun­gen in keinerlei Weise gerecht wird“, sagte Juncker und nannte in diesem Zusammenha­ng explizit auch die „deutsche Meinung“. „Kein Land hat größere Wettbewerb­sfortschri­tte erreicht als Griechenla­nd“, sagte Juncker im Deutschlan­dfunk. Gleichwohl sei das Land noch nicht „am Ende seiner Mühen angekommen“, fügte er hinzu.

Im Sommer 2017 stehen für Athen Schulden-Rückzahlun­gen in einer Höhe von mehr als sechs Milliarden Euro an. Diese können nur beglichen werden, wenn aus dem 86-Milliarden-Hilfsprogr­amm weitere Zahlungen freigegebe­n werden.

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FOTO: DPA Alexis Tsipras

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