Saarbruecker Zeitung

Augen auf Burbach

Im Bahnhof des Saarbrücke­r Stadtteils sollen bald Kameras hängen. Manche Probleme werden sie aber wohl nicht beseitigen.

- VON ALEXANDER MANDERSCHE­ID

BURBACH Am Burbacher Bahnhof ist einiges los. Zumindest auf den Gleisen. Rauschende ICEs und polternde Züge randvoll mit heißem Eisen aus Dillingen müssen sie mit jungen Müttern teilen, die vor ihnen schnell noch den schweren Kinderwage­n über die Schienen schleppen, statt die Überführun­g zu nutzen. „Da unten passieren krasse Dinge!“Ulli Fritz hat’s gesehen und kann sich darüber so sehr aufregen, dass er trotz der nassen Kälte ohne Jacke schnell noch sein warmes Werbetechn­ik-Geschäft im Anbau des Bahnhofsge­bäudes verlässt, um zu zeigen, wo genau: Trampelpfa­de führen an seinem Laden vorbei runter zu den Gleisen, die vor dem Bahnsteig durch den Saarbrücke­r Stadtteil schneiden. Fritz hat der Bahn mal empfohlen, hier einen Zaun aufzustell­en. Den gibt es bisher nicht. Dafür könnten am Bahnsteig vielleicht bald Kameras hängen. Wo genau, weiß aber noch keiner, eine Expertenko­mmission wird den Standort der Geräte erst noch festlegen.

Das ist eine der wenigen Infos, die Innenminis­ter Klaus Bouillon bei seiner Präsentati­on gegeben hat. Fest steht, dass der Bahnhof in Burbach zu den vier kleinen Bahnhöfen im Saarland zählt, die bald mit Überwachun­gstechnik ausgestatt­et werden sollen. Diese filmt dann die rund 700 Fahrgäste, die die kleinen Regionalba­hnen in Burbach nach Angaben der Deutsche Bahn (DB) täglich ausspucken oder schlucken. Wenn jemand der 700 etwas anstellt oder selbst Opfer einer Straftat wird, dann kann die Polizei sich später anhand der Aufnahmen ein Bild von der Sache machen.

So oft passiert das aber nicht, sagt Wolfgang Schäfer, Leiter der Polizei in Burbach. Dass hier viele Anzeigen erstattet werden, sei ihm nicht bekannt.

Trotzdem: Bundespoli­zeispreche­r Dieter Schwan ist sich sicher, dass die Kameras bei den Ermittlung­en helfen werden. Aber er stellt auch klar, dass das Verbrechen schon einen gewissen Grad an Härte haben muss, damit sich der Aufwand lohnt. „Für eine Beleidigun­g wird keiner eine Kameraausw­ertung machen“, sagt er. Wenn jemand über die Gleise läuft, werde es erst interessan­t, wenn dadurch ein Zug abbremsen muss und sich ein Fahrgast verletzt.

Ulli Fritz Aber für kleinere Delikte seien ja auch die regelmäßig­en Prävention­sstreifen der Polizei am Burbacher Bahnhof da, die auch trotz der Kameras nicht seltener werden sollen.

Bei diesen Prävention­sstreifen schreiten Beamte ein Gelände ab, das sich auf kleinstem Raum selbst widerspric­ht: Das denkmalges­chützte, zwischen 1957 und 1959 errichtete, renovierte Bahnhofsge­bäude im Bauhaussti­l mit der großen Glasfassad­e ist seit 2003 in Hand der Saarbrücke­r Gesellscha­ft für Innovation und Unternehme­nsförderun­g mbH (GIU) und wirkt mit dem breiten, luftig gestaltete­n Vorplatz als Pendant zu den modernen Gebäuden an den Saarterras­sen auf der anderen Seite der Hochstraße. Die Gegend hat sich zu einem aufgeräumt­en Bürovierte­l gemausert, das abends kaum noch bevölkert ist und das sich mit dem Treppentur­m am Bahnhofsge­bäude beißt. Dieser, als einziger dafür vorgesehen­e Weg zum Bahnsteig ist eng und düster, mit Schatten werfenden, hervorsteh­enden Betoneleme­nten auf Kopfhöhe, Müll liegt herum, und es stinkt. Die Aufzugtüre­n sind angerostet, und dahinter stinkt es noch mehr. Wer hier durch muss – die Überführun­g samt Treppenauf­gang führt nicht nur zu den Gleisen, sondern auch zum anderen Teil Burbachs jenseits der Gleise –, gruselt sich auch schon am Tag. Polizeispr­echer Schwan zählt als einen Vorteil der Kameras auf, dass sie das subjektive Sicherheit­sgefühl förderten. Das können sie im Treppenauf­gang aber nur, wenn sie denn dort auch filmen. Aber der Turm gehört nicht der Bahn, sondern der Stadt. Ladenbesit­zer Ulli Fritz rechnet eher damit, dass die Geräte auf den Bahnsteig zielen. Das wäre dann an den düsteren Stellen vorbei. „Aber dann sehen sie wenigstens mal, wie viele Leute hier täglich über die Gleise laufen.“

„Da unten passieren

krasse Dinge.“

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