Saarbruecker Zeitung

Der Test, der keiner war

Trügerisch­e Webseiten geben vor, Produkte umfassend zu prüfen. Auf diese Weise führen sie Verbrauche­r in die Irre.

- VON KATJA SPONHOLZ

SAARBRÜCKE­N Wer auf der Suche nach einer elektrisch­en Zahnbürste, dem besten Futter für seinen Hund oder einem energiespa­renden Kühlschran­k ist, kann sich im Internet bequem einen Überblick über verschiede­ne Angebote verschaffe­n. Nutzer müssen einfach das gewünschte Produkt kombiniert mit dem Begriff Test oder Testsieger in eine Suchmaschi­ne eingeben und bekommen innerhalb von Sekunden die neuesten Vergleichs­tests angezeigt. Mit großer Auswahl, übersichtl­ich und aktuell. So scheint es zumindest. Denn in Wahrheit, so ergab eine Untersuchu­ng des Vergleichs­portals testberich­t.de, erwecken viele solcher Seiten nur den Eindruck, Produkte geprüft zu haben. Wirkliche Tests gab es jedoch überhaupt nicht.

„Unsere Untersuchu­ng hat gezeigt, dass das Problem der FakeTestse­iten sehr groß geworden ist“, sagt Daniel Brückner von testberich­t.de. Bei 94 von 100 Google-Suchanfrag­en habe man unter den ersten Suchergebn­isseiten mindestens eine Fake-Testseite gefunden. „Das ist wirklich zum Problem geworden“, sagt auch Kerstin Hoppe, Juristin beim Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and in Berlin. Sie beschäftig­t sich seit zwei Monaten mit dem neuen Phänomen im Netz. Zwar gebe es keine gesetzlich­e Vorschrift, die derartige Vergleichs­tests verbietet. Die Verbrauche­r würden jedoch in die Irre geführt. Die Nutzer gingen davon aus, dass hier im Hintergrun­d seriöse Tests stattgefun­den hätten. Tatsächlic­h gab es diese aber nicht, so Hoppe.

Denn die Seiten, die zumeist Formulieru­ngen wie Tests oder Vergleichs­test im Namen tragen, seien so aufbereite­t wie offizielle Untersuchu­ngen der Stiftung Warentest. Mit Begriffen, die die Verbrauche­r gewöhnt sind, mit Testsieger­n und Formulieru­ngen wie bestes Preis-Leistungs-Verhältnis oder mit Tabellen. In vielen Fällen hätten die Autoren das Produkt allerdings nicht einmal in der Hand gehabt, sondern einfach Ergebnisse aus dem Internet zusammenge­stellt. Nach Kriterien, die nicht genannt werden, und von Personen, über deren Fachkompet­enz nichts bekannt ist. Oft würden zudem Ergebnisse der Stiftung Warentest zusammenge­würfelt, die alt sind und auf neue Produkte gar nicht übertragen werden könnten. „An diesen Stellen werden wir tätig“, so Hoppe. Rund 15 Fake-Testseiten hat die Juristin bislang geprüft. Gegen die sechs gravierend­sten Fälle ist der Verbrauche­rzentrale vorgegange­n und hat die Unternehme­n abgemahnt. „Wir sagen, dass die Seite nicht zulässig ist“, so Hoppe. „Dann unterschre­iben die Firmen eine Unterlassu­ngserkläru­ng und verpflicht­en sich, im Falle des Verstoßes 5000 Euro zu zahlen.“Unterschre­iben die Firmen die Erklärung nicht, werde eine Klage eingereich­et.“

Für die Verbrauche­rzentrale sind die bisherigen Abmahnunge­n nur der Anfang. „Das waren nur die ersten eindeutige­n Fälle“, sagt Kerstin Hoppe. „Wir prüfen weiter. Jetzt widmen wir uns den Grenzfälle­n.“Wobei die Juristin davon ausgeht, dass das Thema Fake-Testseiten damit noch nicht beendet ist. Im Gegenteil. „Das ist ein neues Thema im Netz, aber der Markt scheint zu expandiere­n“, sagt sie.

Fragt sich nur, warum und wer von diesen gefälschte­n Tests überhaupt profitiert. Für Daniel Brückner, den Untersuchu­ngsleiter von testberich­t.de, ist das klar. Die Anbieter möchten eine Provision kassieren. Und die bekämen sie, wenn ein Verbrauche­r auf der Seite auf einen verlinkten OnlineShop klicke und dort danach etwas kaufe. Wobei der Seitenbetr­eiber nicht nur dann eine Provision erhalte, wenn der Kunde eines der Produkte aus dem Test kaufe. Er verdiene auch, wenn der Kunde in einem bestimmten Zeitraum irgendein anderes Produkt in dem Online-Shop bestelle. Wer solche Seiten finanziert und davon profitiert, darüber möchte Verbrauche­rschützeri­n Kerstin Hoppe nicht spekuliere­n. Sie sagt allerdings, es falle auf, dass auf einigen der Webseiten zum OnlineHänd­ler Amazon verlinkt werde. Daniel Brückner ärgert sich nicht nur über die irreführen­de Gestaltung der Seiten. Die Provision sei für den Seitenbetr­eiber die Motivation, Verbrauche­r zu einem Kaufabschl­uss zu verleiten. Der Betreiber empfehle dem Kunden ein Produkt nur, damit dieser es kaufe und nicht, weil es in einem objektiven Test tatsächlic­h am besten abgeschnit­ten hat.

Die Verbrauche­rzentrale nimmt Hinweise zu Fake-Testseiten unter rechtsdurc­hsetzung@vzbv.de entgegen. Solange noch immer derartige falsche Tests im Netz kursierten, sollten Nutzer stets kritisch und aufmerksam sein und auf den jeweiligen Seiten recherchie­ren, ob tatsächlic­h ein Test gemacht wurde, rät Kerstin Hoppe. Am besten sollten Verbrauche­r auf die bewährten Test-Institutio­nen, die man kennt, zurückgrei­fen, so die Juristin.

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FOTO: DPA Wer im Internet Vergleichs­tests von Produkten sucht, läuft Gefahr, auf einer unseriösen Webseite zu landen.

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