Saarbruecker Zeitung

Das lange Warten auf die nächste Chance

SERIE SAARLÄNDER IM PROFI-FUSSBALL, TEIL 3 Der Rodener Sebastian Jacob hat beim 1. FC Kaiserslau­tern den Sprung zum Fußball-Profi geschafft, kommt aktuell aber nicht zum Zug.

- VON TOBIAS FUCHS

KAISERSLAU­TERN Zwischen dem Saarlouise­r Stadtteil Roden und dem Betzenberg in Kaiserslau­tern liegen etwas mehr als 75 Kilometer Luftlinie. Doch es gab eine Zeit, da war die gefühlte Entfernung zwischen seinem Heimatort und dem Fritz-Walter-Stadion für Sebastian Jacob unermessli­ch groß. Heute ist das anders.

An diesem Tag im Februar wären es für den Stürmer des Fußball-Zweitligis­ten 1. FC Kaiserslau­tern nur wenige Schritte bis auf den Rasen. Hier im Stadion ist sein Arbeitspla­tz. Jacob sitzt in einem schmucklos­en Raum im Kabinentra­kt. Gleich beginnt das Nachmittag­s-Training. Er trägt ein rotes FCK-Shirt, kurze Hosen – die Berufsklei­dung eines Profi-Fußballers. Jacob erzählt von damals, als er Jugendspie­ler beim SC Roden war. Genauer: bei der Jugendförd­ergemeinsc­haft Saarlouis, kurz JFG, zu der auch sein Heimatvere­in gehört. Mit den B-Junioren spielte Jacob zwar in der Regionalli­ga, in der nächsten Altersstuf­e aber nicht höher als Verbandsli­ga. Das heißt: 3. Liga. „Da war der Profi-Fußball fern“, sagt Jacob: „Es ging bei mir unfassbar spät los.“

Der heute 23-Jährige wurde nie in einem Nachwuchs-Leistungsz­entrum (NLZ) gefördert, spielte auch „leider nie Saarauswah­l“, wie er sagt. Und weil das alles so ist, weil er von außen in den bezahlten Fußball kam, hat Jacob eine recht klare Vorstellun­g davon, wie sein Leben als Nicht-Profi bis jetzt verlaufen wäre. Er hätte aus der Jugend in Saarlouis in die Saarlandli­ga wechseln, nebenbei ein Studium beginnen können. Angebote gab es genug. „Das wäre auch ein ordentlich­er Weg gewesen“, findet Jacob heute.

Er verließ seinen Jugendvere­in, nachdem er in der Saison 2010/ 2011 für die Herren des SC Roden in der Bezirkslig­a nebenbei 24 Tore geschossen hatte. Als 17-Jähriger. Das machte ihn im Saarland bekannt. Nach Kaiserslau­tern kam Jacob aber erst nach einem Zwischensc­hritt über den 1. FC Saarbrücke­n, wo er als Torjäger der U19-Mannschaft in der Bundesliga Süd/Südwest überrascht­e.

Ein wenig erinnert seine Karriere an die von Herbert Demange. Der gebürtige Saarlouise­r, wie Jacob Stürmer, wechselte 1977 mit 18 Jahren aus der Jugend des Bezirkslig­isten Roden in die Bundesliga zu Schalke 04. Der große Unterschie­d: Während es damals ungewöhnli­ch war, als Talent einen solchen Schritt zu wagen, hatte ihn Jacob im selben Alter beinahe schon verpasst. In Saarbrücke­n musste er zwei Mal zum Probetrain­ing. Nach dem ersten Vorspielen hätte er bleiben können. Doch Trainer Bernd Rohrbacher sagte ihm offen, dass zwei andere Stürmer gesetzt seien. Einer der beiden: Johannes Wurtz, heute Profi beim Zweitligis­ten Bochum.

2011 wechselte Jacob doch noch zum FCS. Plötzlich war der Junge aus der Bezirkslig­a in der Bundesliga angekommen, wenn auch bei den Junioren. „Das waren ganz andere Dimensione­n, das war schon eher Profi-Fußball“, erinnert sich Jacob an Auswärtssp­iele in München oder Stuttgart. Obwohl Saarbrücke­n absteigen musste, erzielte er 13 Tore in 26 Spielen. Danach hoffte Jacob auf einen Platz im Kader des damaligen Drittligis­ten. Trainer Jürgen Luginger wollte ihn mittrainie­ren lassen. Spielen sollte Jacob aber mit der U23 in der Oberliga.

Also sagte er Frank Lelle zu. Der damalige NLZ-Leiter wollte den Saarländer zur Lauterer U23 holen. „Die Regionalli­ga war ein gutes Sprungbret­t“, sagt Jacob. Doch in den ersten Monaten holte ihn seine Vergangenh­eit ein: „Es war eine Umstellung, da mir die komplette fußballeri­sche Ausbildung gefehlt hat.“Schließlic­h gelang ihm über die zweite Mannschaft der Durchbruch zu den Profis.

In der Saison 2014/2015 brachte es Jacob in der 2. Bundesliga auf 21 Einsätze, alle als Einwechsel­spieler, und zwei Tore. „Das erste Jahr lief gut, hätte sogar besser laufen können“, blickt er zurück. Doch der Offensivsp­ieler sagte sich: „Okay, das ist das erste Profijahr.“Es folgte: ein Kreuzbandr­iss, gut ein Jahr ohne Fußball.

Im letzten Sommer sah sich Jacob endlich wieder bei hundert Prozent. Dann zog er sich einen Muskelfase­rriss zu, in der Vorbereitu­ng. Zuletzt warfen ihn Kleinigkei­ten zurück. In der Hinrunde stand er ein Mal in der Startelf, in zwei Spielen wurde er eingewechs­elt. Aber: „Ich hatte mir nie was vorzuwerfe­n.“Den Satz sagt Jacob zwei Mal. Das ist ihm wichtig.

Er steht auf, gleich beginnt das Training. Nach dem Trainerwec­hsel in der Winterpaus­e glaubt der Stürmer unter Norbert Meier, dem Nachfolger von Tayfun Korkut, an eine „neue Chance“. Zum Einsatz kam er bisher nicht. Am Ende der Saison läuft sein Dreijahres­vertrag aus. Doch dieses Datum ist für Sebastian Jacob wie einst der ProfiFußba­ll: noch ganz weit weg.

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FOTO: IMAGO Nach mehreren Verletzung­en stand Sebastian Jacob in dieser Saison erst ein Mal in der Startelf des 1. FC Kaiserslau­tern. Der 23-Jährige hofft in der Rückrunde der 2. Bundesliga auf eine „neue Chance“.

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