Saarbruecker Zeitung

Regierung beschließt Renteneinh­eit

Die Anhebung der Ost-Renten auf Westniveau kostet knapp 20 Milliarden Euro. Zur Kasse gebeten werden die Beitragsza­hler.

- VON STEFAN VETTER

BERLIN Fast drei Jahrzehnte nach der deutschen Wiedervere­inigung im Jahr 1989 sollen nun auch die Renten zwischen Ost und West vereinheit­licht werden. Nach langem Streit will das Bundeskabi­nett am heutigen Mittwoch dazu einen Gesetzentw­urf beschließe­n. Der Entwurf liegt unserer Redaktion vor. Immerhin knapp 20 Milliarden Euro kostet demnach die Operation bis zur vollständi­gen Rentenangl­eichung im Jahr 2025. Zur Kasse gebeten werden vornehmlic­h die Beitragsza­hler. Steuergeld­er fließen dafür erst ab 2022.

Warum ist die Rente noch unterschie­dlich geregelt?

Zum Zeitpunkt der Wiedervere­inigung waren die Löhne, die den Renten zugrunde liegen, in Ostdeutsch­land deutlich niedriger als in der alten Bundesrepu­blik. Nach westdeutsc­hem Recht wäre die Rente in den ostdeutsch­en Bundesländ­ern deshalb nur halb so hoch ausgefalle­n wie die eines westdeutsc­hen Durchschni­ttsverdien­ers. Um das zu verhindern, wurde eine Übergangsr­egelung beschlosse­n. Mit einer raschen Lohnanglei­chung sollte sich das Problem dann gewisserma­ßen von selbst lösen. Doch die Rechnung ging nicht auf. Der Durchschni­ttlohn im Osten liegt aktuell nur bei 87,1 Prozent des Westniveau­s. Wie wird die Rente derzeit berechnet?

Ein entscheide­nder Faktor ist der sich Jahr für Jahr verändernd­e Rentenwert. Das ist ein Euro-Betrag, den ein rentenvers­icherungsp­flichtiger Durchschni­ttsverdien­er für ein Arbeitsjah­r auf seinem Rentenkont­o gut geschriebe­n bekommt. Verdient er mehr, erhöht sich der Anspruch auf Basis des Rentenwert­s, verdient er weniger, schrumpft der Anspruch entspreche­nd. Wegen des unterschie­dlichen Lohnniveau­s gibt es auch zwei unterschie­dliche hohe Rentenwert­e. Derzeit sind es 28,66 Euro im Osten Jahr 2020 herstellen. Aus Kostengrün­den wurden daraus sieben Schritte bis 2025. Bis dahin wird der Rentenwert Ost an den im Westen angegliche­n. Und zwar zusätzlich zu den ohnehin fälligen jährlichen Rentenanpa­ssungen. Ausgangspu­nkt ist der aktuelle Rentenwert Ost. Er liegt bei 94,1 Prozent des Westwerts. Unabhängig von der Lohnentwic­klung steigt der Ostwert erstmals zum 1. Juli 2018 auf 95,8 Prozent des Westwerts. Die weiteren Angleichun­gsschritte folgen um jeweils 0,7 Prozent in den Jahren 2019 bis 2024.

Gibt es auch Verlierer bei der Angleichun­g?

Ja, das ist die jüngere Generation der Beschäftig­ten im Osten. Denn mit der Angleichun­g des Rentenwert­s wird in gleichem Maße ein bis heute immer noch weitgehend unbekannte­r Faktor bei der Rentenbere­chnung abgeschmol­zen, nämlich die Höherbewer­tung der Ost-Löhne. Dieser Faktor war als Ausgleich für das niedrigere Lohnniveau im Osten gedacht. Aktuell liegt er noch bei 15 Prozent. Wer also zum Beispiel in Dresden 1000 Euro verdient, wird rentenrech­tlich so behandelt, als käme er auf 1150 Euro im Monat. Jeder Euro, der im Osten in die Rentenkass­e eingezahlt wird, führt damit zu einem höheren Rentenansp­ruch als im Westen. Derzeit sind es rund acht Prozent mehr. Fällt dieser Vorteile schrittwei­se weg, schlagen die schlechter­en Löhne der Erwerbstät­igen im Osten auch stärker bei ihren späteren Renten durch. Die Verbesseru­ngen für die ostdeutsch­en Bestandsre­nter werden also durch eine Schlechter­stellung künftiger Rentner im Osten erkauft.

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FOTO: SAUER/DPA Auch diese beiden ostdeutsch­en Rentnerinn­en können auf mehr Geld hoffen.

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