Saarbruecker Zeitung

Mehr deutsche Sparer scheuen Aktien

Die Bundesbürg­er machen Anlageexpe­rten zufolge nur wenig aus ihrem Geld. Ein Grund dafür sei: Die Sparer trauen sich nicht an die Börse.

- VON JÖRN BENDER Produktion dieser Seite: Volker Meyer zu Tittingdor­f Joachim Wollschläg­er

FRANKFURT (dpa) Die Deutschen sind Spar-Weltmeiste­r. Gefühlt zumindest. Tatsächlic­h sparen die Menschen hierzuland­e relativ hohe Beträge: im Schnitt fast zehn Euro je 100 Euro verfügbare­s Einkommen. Doch der Ertrag ist oft mager. Anleger in anderen Ländern machen mehr aus ihrem Geld – trotz geringeren Einsatzes.

1940 Euro legten Privathaus­halte in Deutschlan­d nach Berechnung­en des Versichere­rs Allianz in den Jahren 2012 bis 2015 auf die hohe Kante – pro Jahr und pro Kopf, ein Spitzenwer­t im europäisch­en Vergleich. Doch während Sparer in Finnland (nur 160 Euro Sparvolume­n) ihr Erspartes nach Abzug der Inflation in dem Zeitraum jedes Jahr um 6,9 Prozent mehren konnten, brachten es die Deutschen nur auf 2,3 Prozent Rendite. Nur die Österreich­er schnitten im Vergleich von neun Euroländer­n mit 1,0 Prozent noch schlechter ab. Die Finnen halten etwa ein Drittel ihrer Ersparniss­e in Form von Aktien, gut vier Mal so viel wie der Durchschni­tts-Deutsche.

Die meisten Deutschen sind Börsenmuff­el. Nicht einmal die lange Zinsflaute hat daran etwas geändert. Nur jeder siebte Bundesbürg­er hält Aktien oder Aktienfond­s.

Allianz-Chef Oliver Bäte

Nach einem Zuwachs 2015 sank die Zahl der Aktionäre hierzuland­e im vergangene­n Jahr wieder unter die Neun-Millionen-Marke: Rund 8,98 Millionen zählt das Deutsche Aktieninst­itut (DAI).

„Große Teile der Bevölkerun­g scheinen die Auswirkung­en der niedrigen Zinsen auf ihre Sparanlage­n noch nicht erkannt zu haben“, sagt DAI-Chefin Christine Bortenläng­er. „Hinzu kommt, dass die Aktie nach wie vor für viele Menschen eine große mentale Hürde darstellt.“Die Allianz kam in ihrer jüngsten weltweiten Vermögenss­tudie (Global Wealth Report) zum Ergebnis, die Deutschen hätten in den vergangene­n vier Jahren rund 200 Milliarden Euro „verschenkt“, weil sie sich nicht an die Börse wagten. „Trotz Niedrigstu­nd Negativzin­sen präferiert die Mehrzahl kurzfristi­ge und sehr liquide Anlagen wie Bankeinlag­en, deren Rendite bei null liegt“, stellt Allianz-Chef Oliver Bäte fest. „Sparen entpuppt sich so bei genauerer Analyse vor allem als Geldparken und nicht als Investiere­n.“

In einer Umfrage der GfK-Marktforsc­her bewerten nur zwölf Prozent der Deutschen das Sparbuch als attraktiv. Dennoch ist es die mit Abstand beliebtest­e Anlageform: Im Herbst 2016 hatten 40 Prozent der 2000 Befragten Geld auf einem Sparbuch. Aktien wiederum halten 20 Prozent der Befragten für attraktiv, investiert sind dort aber nur zwölf Prozent.

Der Absturz der „Volksaktie“Telekom und das Platzen der NewEconomy-Blase am Neuen Markt um die Jahrtausen­dwende haben viele Kleinanleg­er verschreck­t. Das Aktieninst­itut wirbt für langfristi­ges Engagement: „Die Erfahrung aus der Vergangenh­eit zeigt, dass die Sorge vor Verlustris­iken unbegründe­t ist, wenn man über Zeiträume spricht, die für die Altersvors­orge typisch sind.“Und weiter: „Selbst im ungünstigs­ten Fall ließen sich mit Aktien Sparerfolg­e erzielen, die weit über den heute üblichen Verzinsung­en für Sparbücher und festverzin­sliche Wertpapier­e liegen.“Wer beispielsw­eise Ende 1995 Aktien kaufte und bis Ende 2010 hielt, habe in diesem Zeitraum im Schnitt 7,8 Prozent Rendite pro Jahr erzielt.

Börsen-Aufsichtsr­atschef Joachim Faber mahnt: „Aktien sind ein wesentlich­er Bestandtei­l einer Zukunftsvo­rsorge in einer alternden Gesellscha­ft.“Eine „kleine Nebenbedin­gung“müsse jedoch erfüllt sein: Wer auf Aktienmärk­ten investiere­n wolle, brauche Kapital. Und oft langen Atem.

„Sparen entpuppt sich vor allem als Geldparken und nicht als Investiere­n.“

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