Berlin klinkt sich bei Opel ein
Die Bundesregierung ist verärgert, weil aus Paris nichts über eine mögliche Opel-Übernahme durch PSA verlautete. Die Sorge um Tausende Opel-Jobs ist groß.
BERLIN/RÜSSELSHEIM (dpa) Die Bundesregierung hat sich in die Verhandlungen um eine mögliche Übernahme von Opel durch den französische Autokonzern PSA Peugeot Citroën eingeschaltet. Sie pocht auf den Erhalt der deutschen Standorte und Arbeitsplätze bei dem Autobauer. Das Bundeskanzleramt, Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) und Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) führten nun Gespräche mit der französischen Regierung, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) werde dabei „über alle Schritte stets im Bilde sein“, sagte Seibert. Zunächst seien aber die Fachminister am Zug. PSAChef Carlos Tavares möchte allerdings möglichst bald die Kanzlerin treffen.
Die Bundesregierung wurde von den Übernahme-Plänen überrascht. Sie ist verärgert, weil sie von den Unternehmen und offensichtlich auch von der französischen Regierung vorab nicht informiert worden war. Dabei war der französische Premierminister Bernard Cazeneuve am Montag bei Merkel zu Gast, sagte aber kein Wort über die Pläne, die dann am Dienstag bekannt wurden. Dass Cazeneuve von den fortgeschrittenen Verhandlungen zwischen General Motors und PSA nichts wusste, wird als ziemlich ausgeschlossen bezeichnet. Schließlich ist der französische Staat – neben dem Autohersteller Dongfeng aus China – an PSA beteiligt.
Oberste Priorität sei es, in dem Verkaufspoker die drei OpelStandorte Rüsselsheim, Kaiserslautern und Eisenach zu erhalten, sagte Arbeitsministerin Nahles. Zudem müsse das Hauptquartier von Opel in Rüsselsheim bleiben und dürfe keine Unterabteilung eines französischen Konzerns werden. „Der Staat wird den Auswirkungen auf die Beschäftigung in allen betroffenen Ländern eine besondere Aufmerksamkeit schenken“, versprach eine Mitarbeiterin des französischen Wirtschaftsund Finanzministeriums.
Der Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) und PSA Peugeot Citroën loten nach eigenen Angaben verschiedene Möglichkeiten zur Expansion und Kooperation aus. Auch ein Verkauf des GM-Europageschäfts mit Opel und der britischen Schwestermarke Vauxhall sei dabei möglich. Opel hat rund 38 200 Mitarbeiter in Europa, davon mehr als die Hälfte in Deutschland. Opel hat seit seit 1999 keinen Gewinn erzielt und auch 2016 die Rückkehr in die schwarzen Zahlen nicht geschafft.
GM-Chefin Mary Barra warb in einem Brief an die Opel-Mitarbeiter für einen Verkauf an PSA. Eine mögliche Übernahme würde PSA und Opel/Vauxhall – aufgrund der sich ergänzenden Stärken beider Unternehmen – in die Lage versetzen, ihre Positionen auf dem sich rasch verändernden europäischen Markt zu verbessern, schrieb Barra in dem Brief. „Wir würden alles daran setzen, bei der Transaktion sicherzustellen, dass die Interessen aller Beteiligten gewahrt werden“, schrieb Barra. PSA und Opel arbeiten bereits seit 2012 bei verschiedenen Projekten in Europa zusammen und waren zwischenzeitlich auch auf der Kapitalseite miteinander verbunden. Bei einer Übernahme würde PSA zum größten Autoproduzenten in Europa hinter Volkswagen aufsteigen.
Nach Einschätzung des Branchenexperten Ferdinand Dudenhöffer stehen im Falle einer Übernahme von Opel durch PSA Tausende Jobs auf dem Spiel. Vor allem am Stammsitz Rüsselsheim könnten zentrale Einheiten verkleinert oder ganz abgebaut werden, weil ihre Aufgaben im Konzern übernommen werden könnten. Betroffen wären etwa der Einkauf, der Vertrieb, das Marketing sowie Teile des Entwicklungszentrums. Mindestens ein Drittel der rund 15 000 Jobs in Rüsselsheim stünde bei einer Übernahme zur Disposition.