Saarbruecker Zeitung

Software-Lieferante­n der Szene-Wirte in Haft

Anklage wegen Beihilfe zur Steuerhint­erziehung gegen Saarbrücke­r Geschäftsm­ann und Informatik­er aus Heilbronn.

- VON MICHAEL JUNGMANN

SAARBRÜCKE­N Die beiden Saarbrücke­r Szene-Wirte, die Anfang Dezember von der Wirtschaft­strafkamme­r des Landgerich­ts wegen Steuerhint­erziehung in Millionenh­öhe zu Haftstrafe­n von jeweils drei Jahren und zehn Monaten verurteilt wurden, bekommen im Gefängnis Gesellscha­ft. Steuerfahn­der und Ermittler der Staatsanwa­ltschaft stellten jetzt den mutmaßlich­en Lieferante­n und Hersteller der betrügeris­chen Kassen-Software, mit der die Gastronomi­e-Gesellscha­fter das große Geld machten. Monatlich haben sie nach eigenen Angaben über Jahre hinweg bis zu 15 Prozent des Umsatzes, etwa im Café Langenfeld am St. Johanner Markt, am Fiskus vorbei geschleust – bis die Steuerfahn­der ihnen auf die Schliche kamen.

Die inhaftiert­en Szene-Wirte haben offenbar die Ermittler bei der Suche nach dem Hersteller und dem Lieferante­n der KassenMani­pulations-Software unterstütz­t. Letzte Woche packten die Saar-Steuerfahn­der nach groß angelegten Durchsuchu­ngen in einer Gemeinde bei Heilbronn und in Saarbrücke­n die Handschell­en aus und präsentier­ten dem 44jährigen Informatik­er und Unternehme­r J. aus Baden-Württember­g und seinem 74 Jahre alten Saarbrücke­r Geschäftsp­artner N. Haftbefehl­e des Amtsgerich­ts Saarbrücke­n. Der Vorwurf: Beihilfe zur Steuerhint­erziehung in großem Ausmaß. Nach Angaben von Christoph Rebmann, Pressespre­cher der Staatsanwa­ltschaft Saarbrücke­n, wurde schon fünf Tage nach der Festnahme des Duos Anklage zur Wirtschaft­sstrafkamm­er am Landgerich­t erhoben.

Der Saarbrücke­r Geschäftsm­ann sitzt bereits auf der Saarbrücke­r Lerchesflu­r in Untersuchu­ngshaft. Der Informatik­er aus dem Umkreis von Heilbronn ist derzeit wohl per Gefangenen­transport auf der mehrtägige­n Anreise an die Saar.

„Prompter Service für zufriedene Gäste“war bislang ein Werbespruc­h der Firma des Informatik­ers. Möglicherw­eise waren auch die Kunden aus der Gastronomi­e mit der Extra-Software für Umsatzmani­pulationen besonders zufrieden. Diese soll auf Wunsch auf einem USB-Stick gratis zum Kassensyst­em mitgeliefe­rt worden sein. Der Speicher-Stick habe als „schlagkräf­tiges Verkaufsar­gument“gewirkt, so ein Ermittler.

Die inhaftiert­en Szene-Wirte vom Markt, die auch Betriebe in Saarlouis und Heidelberg hatten, und ihre zu einer Bewährungs­strafe verurteilt­en Geschäftsp­artnerin konnten so Steuern in einer Größenordn­ung von etwa 1,1 Millionen Euro hinterzieh­en. Beihilfe dazu sollen der Informatik­er und sein Saarbrücke­r Geschäftsp­artner geleistet haben, weil sie eben die Betrugs-Software hergestell­t und geliefert haben. Damit soll es möglich gewesen sein, so die Staatsanwa­ltschaft, „die in dem Kassensyst­em gebuchten Umsätze – ohne Spuren zu hinterlass­en – nach unten zu korrigiere­n.“

Der Saarbrücke­r arbeitete unter anderem als Kassenaufs­teller mit der bundesweit tätigen Firma des 44-Jährigen zusammen. Er hat, so Pressestaa­tsanwalt Rebmann, „sich im Wesentlich­en geständig eingelasse­n, rechnet sich aber selbst nicht zum Kreis der wirklich Verantwort­lichen“. Der Informatik­er macht derweil von seinem Schweigere­cht Gebrauch.

Bei den Razzien der Steuerfahn­der in Saarbrücke­n und in der Nähe von Heilbronn wurde, so heißt es, umfangreic­hes Beweismate­rial beschlagna­hmt. Darunter angeblich auch die Listen der Kunden, an die spezielle Kassensyst­eme geliefert wurden. Logische Konsequenz daraus wäre, dass sich die Steuerfahn­der jetzt intensiv für die Umsätze der betroffene­n Gastronomi­ebetriebe interessie­ren. Möglicherw­eise kommt es zu einer Serie von Selbstanze­igen.

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FOTO: IMAGO Heute werden Bestellung­en am Restaurant­tisch, auch wie auf diesem Symbolfoto, ins Tablet getippt. Die Software für Umsatzmani­pulationen in Saarbrücke­n soll per USB-Stick zum Kassensyst­em mitgeliefe­rt worden sein.

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