Saarbruecker Zeitung

Stadion bringt Stadt in heikle Situation

Das Ludwigspar­kstadion wird teurer als geplant, das Land zweifelt an der Rechtmäßig­keit der Vergabe. Droht das Projekt zu scheitern?

- VON MARK WEISHAUPT UND DANIEL KIRCH

SAARBRÜCKE­N Die Bombe im Saarbrücke­r Rathaus ging schon vor Weihnachte­n hoch. Als die Baufirmen im Dezember ihre Angebote für den Umbau des Ludwigspar­kstadions abgaben, dämmerte den Stadt-Oberen, dass die Kalkulatio­n von 20 Millionen Euro nicht mehr zu halten sein wird. Alle seien überrascht gewesen, es habe Krisenstim­mung geherrscht, sagt Baudezerne­nt Heiko Lukas. Der Architektu­rprofessor musste die Nachricht vom Kostenanst­ieg mit Sportdezer­nent Harald Schindel gestern in einer kurzfristi­g angesetzte­n Pressekonf­erenz übermittel­n. Tags zuvor hatte die Stadt zum letzten Mal mit den Bietern zusammenge­sessen. Schindel erklärte: „Dass wir uns in einer schwierige­n Situation befinden, ist allen klar.“Lukas sprach von einer „heiklen Situation“.

Heikel auch deshalb, weil die Finanzieru­ng des gesamten Vorhabens plötzlich infrage steht. Die Dezernente­n erklärten, da sich die Rahmenbedi­ngungen durch die neue Kalkulatio­n geändert hätten, gelte es zunächst, die Fördermitt­elzusage des Landes von knapp 15 Millionen Euro „abzusicher­n“. Was nichts anderes heißt, als dass diese Gelder in Gefahr sind. Das Innenminis­terium erklärte kryptisch: „Die Bewilligun­g des Landes ist an die Einhaltung der zuwendungs­und vergaberec­htlichen Bestimmung­en gebunden. Insofern bleibt das weitere Verfahren abzuwarten.“In der Landesregi­erung, so muss man das verstehen, gibt es erhebliche Zweifel, ob die Stadt rechtlich korrekt gehandelt hat. Lukas sagte gestern: „Wir gehen davon aus, dass das Verfahren nicht zu beanstande­n ist.“Auf die Frage eines Journalist­en, ob das Gesamtproj­ekt nun gefährdet ist, sagte er: „Letzten Endes muss der Stadtrat entscheide­n.“Die Baustelle sei schon am Laufen, „das müssen wir zu Ende führen“.

FDP und Grüne versuchten gestern, die große Koalition im Land für das Desaster verantwort­lich zu machen, was empörte Reaktionen hervorrief („fake news“). Das Innenminis­terium teilte mit, die Federführu­ng für das Bauvorhabe­n und die Kostenvera­ntwortung lägen ausschließ­lich beim Bauherrn, und dieser sei die Landeshaup­tstadt. Die Verantwort­lichen der Stadt wollen nun analysiere­n, ob Fehler gemacht worden sind. Die Stadionpla­ner seien „absolute Profis“, sagte Lukas, der Ludwigspar­k sei nicht ihr erstes Stadion. Die Gründe für den Kostenanst­ieg sehen Lukas und Schindel hauptsächl­ich in der guten Baukonjunk­tur, die zu steigenden Preisen führe, aber auch in der Tatsache, dass sich auf die europaweit­e Ausschreib­ung hin nur wenige Bieter meldeten. Viele Stadionbau­er seien derzeit in Deutschlan­d, aber auch in Russland und Katar aktiv, wo 2018 und 2022 die FußballWel­tmeistersc­haften anstehen.

Im März will die Verwaltung dem Stadtrat Vorschläge zur Finanzieru­ng machen und verschiede­ne Alternativ­en präsentier­en. „Ganz klar wird es auch eine Option sein, die wir diskutiere­n müssen: Wo können wir Einsparung­en machen?“, sagte Lukas. Was im Moment geplant sei, sei „kein Luxusstadi­on“– jede Einsparung, so Lukas, wäre sofort sichtbar und ginge auf Kosten der Qualität. Eine Möglichkei­t wäre nach Lukas’ Ansicht, die Tribünen zu verkürzen – und das erst bei einem Aufstieg in eine höhere Liga zu ändern. Man könne auch darüber nachdenken, auf eine Tribüne ganz zu verzichten. „So dramatisch und ärgerlich das jetzt ist mit den Kosten: Aber wenn man ein Stadion hat, muss das ja auch akzeptiert werden von den Fans, von den Fußball-Clubs. Es muss auch ligakonfor­m sein, dafür braucht man einen gewissen Standard“, sagte Lukas.

Acht Millionen Euro einzuspare­n, scheint daher unmöglich. Stellt sich die Frage, woher das zusätzlich­e Geld kommen soll? Kaum war die Nachricht von der Kostenstei­gerung auf dem Markt, ließ Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU) eine Erklärung verbreiten: „Keinesfall­s wird das Land über den Zuwendungs­betrag von 14,5 Millionen Euro hinaus zusätzlich­e Mittel zur Verfügung stellen.“

Sportdezer­nent Schindel will den Einstieg eines privaten Investors nicht ausschließ­en. Dem Hauptspons­or und Präsidente­n des 1. FC Saarbrücke­n, Hartmut Ostermann, wird immer wieder Interesse an der Victor’s-Tribüne nachgesagt. Diese wird als einzige nicht abgerissen, sondern saniert. Im Gegenzug könnte Ostermann die Tribüne vermarkten. Rettet er nun das ganze Vorhaben? Dem Vernehmen nach halten die Victor’s-Juristen dies für rechtlich unmöglich – wegen der öffentlich­en Fördermitt­el-Vergabe. Wenn ein Privater sich beteilige, gehe das nur, wenn das Projekt komplett abgebroche­n und neu ausgeschri­eben werde.

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FOTO: BECKER&BREDEL So sieht es derzeit auf der Baustelle des Saarbrücke­r Ludwigspar­kstadions aus.

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