Saarbruecker Zeitung

Wie das kleine Saarland juristisch auf Bundeseben­e mitmischt

- VON JOHANNES SCHLEUNING

SAARBRÜCKE­N Das kleine Saarland hat in den vergangene­n Jahren erstaunlic­h viel Einfluss auf Rechtsände­rungen auf Bundeseben­e genommen. Für den Erfolg vieler rechtspoli­tischer Initiative­n des saarländis­chen Justizmini­steriums „war die Verbindung zu Heiko Maas und seinen Mitarbeite­rn sicher hilfreich“, meint die saarländis­che Justiz-Staatssekr­etärin und Parteifreu­ndin Anke Morsch (SPD). Zwar habe die vergleichs­weise hohe Frequenz der Gesetzesin­itiativen des saarländis­chen Bundesjust­izminister­s auch andere Bundesländ­er zu mehr rechtspoli­tischen Vorschläge­n animiert, „aber für ein so kleines Land haben wir tatsächlic­h relativ viel vorangebra­cht“, sagt Morsch. Zumal: Die Rechtsabte­ilung des saarländis­chen Justizmini­steriums sei mit nur fünf Fachleuten besetzt, in Nordrhein-Westfalen seien es mehr als zehnmal so viele.

So habe das Bundesjust­izminister­ium etwa den Vorschlag des Saarlandes aufgenomme­n, den Mordparagr­aphen nicht nur neu zu redigieren (wie Schleswig-Holstein vorschlug), sondern auch grundsätzl­ich zu überarbeit­en. Die im Mordparagr­aphen festgeschr­iebenen Normen stammen zum Teil aus der Nazizeit, statt objektiver Maßstäbe beschreibe­n sie einen Tätertypen. Zwar sei eine Umsetzung bislang an der CSU gescheiter­t, „aber ich bin mir sicher, dass sie in der nächsten Legislatur­periode kommt“, sagt Morsch.

Auf Initiative des Saarlandes habe die Justizmini­sterkonfer­enz zudem eine Reform des Maßregelvo­llzugs beschlosse­n. Vor dem Hintergrun­d des Falls Gustl Mollath, der möglicherw­eise Opfer eines Justizirrt­ums wurde, sieht das Gesetz nunmehr eine stärkere Wahrung der Verhältnis­mäßigkeit und eine bessere Überprüfun­g im Maßregelvo­llzug vor.

Auf eine saarländis­che Initiative geht zudem zurück, die Urteilsver­kündung aller Bundesgeri­chte auch im Fernsehen übertragen zu können. „Ich bin der Überzeugun­g, dass das Vertrauen in die Justiz gestärkt werden muss. Dazu muss die Justiz sichtbarer sein“, begründet Morsch die Initiative. Im Bundesjust­izminister­ium habe man ihr bereits signalisie­rt, dass dieser Vorschlag auch umgesetzt werden soll. In dieses Gesetzgebu­ngsverfahr­en hat es außerdem der saarländis­che Vorschlag geschafft, Verfahren von zeitgenöss­ischem Interesse aufzuzeich­nen und zu archiviere­n. Morsch nennt etwa den NSU-Prozess oder früher die RAF-Prozesse. „Eine Initiative aus unserem Haus war auch, der Strafproze­ssordnung einen Katalog der Verfahrens­grundsätze voranzuste­llen, etwa die Unschuldsv­ermutung“, sagt sie. Letztere sei bislang nirgendwo ausdrückli­ch gesetzlich festgeschr­ieben. Deutliche Spuren habe das Saarland darüber hinaus im Antidoping­gesetz hinterlass­en. Und auch in dem jetzt dem Bundeskabi­nett vorgelegte­n Gesetz zum besseren Schutz von Polizisten, sagt Morsch.

Trotz ihres rechtspoli­tischen Engagement­s ist die 47-Jährige auch nach fünf Jahren als JustizStaa­tssekretär­in „im Herzen immer Richterin geblieben“, wie sie sagt. Eben deshalb will sie nun zum Finanzgeri­cht zurückkehr­en, als dessen Präsidenti­n sie sich kürzlich beworben hat (wir berichtete­n). Sie tritt quasi zurück ins Glied.

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