Trumps irrwitzige Polterstunde
US-Präsident fährt eine neue beispiellose Attacke gegen die Presse – während politische Fragen weiter offen bleiben.
WASHINGTON Nach 76 Minuten einer Pressekonferenz, deren Verlauf ein Kommentator von CNN als „episch“bezeichnete, winkte Donald Trump beim Abgang noch einmal jenen Journalisten im Saal zu, die er zuvor als „außer Kontrolle“beschimpft, als „Verbreiter falscher Nachrichten“beschuldigt und als Ursache all seiner Probleme („Es gibt kein Chaos in meiner Regierung. Alles läuft wie eine fein abgestimmte Maschine“) bezeichnet hatte. Beobachter wie der frühere Obama-Kampagnenmanager David Axelrod sprachen angesichts der in der US-Geschichte fast beispiellosen wie schockierenden öffentlichen Medien-Schelte von einer „surrealen Vorstellung“des Präsidenten. Und selbst der sonst Trump wohlgesinnte konservative Sender Fox News wagte eine seltene harsche Kritik: „Absolut verrückt“sei das gewesen, was Trump aus seinem Kopf „herausgeschleudert“und was Amerika bei der kurzfristig anberaumten turbulenten Veranstaltung im Weißen Haus erlebt habe, so Moderator Shep Smith.
Trumps Auftritt – er war erneut eine Kriegserklärung an jene Berichterstatter, auf die er sich bereits in den Monaten vor seinem Sieg eingeschossen hatte. Mit seinem Verhalten sei er zu einem Zeitpunkt wieder in WahlkampfPolemik verfallen, in dem die Schlagzeilen für ihn unangenehm geworden seien, so Beobachter. In der Tat gab es zuletzt für den Präsidenten wenig zu feiern: Sein Sicherheitsberater nach nur drei Wochen nicht mehr im Amt, der potenzielle Nachfolger gibt ihm kurz nach dem Presseauftritt einen Korb. Viele offene Fragen zu den RusslandVerbindungen seiner Mitarbeiter. Unbesetzte Stellen in der Regierung. Und dazu offenbar eine Art interne Revolution im US-Geheimdienstapparat mit zahlreichen „Lecks“, die Trump nun mit aller Härte der Justiz verfolgen will.
Diesen Samstag plant der Präsident als Ventil eine Massenkundgebung in Florida, wo er vor allem eines fortsetzen dürfte: Seine Frontalattacken gegen die Medien. Seine wichtigste Taktik dabei ist eigentlich nicht neu: Negative Nachrichten sind „Fake News“, und der Wahrheitsgehalt von Fakten ist im Prinzip nicht relevant. Wie bei Trumps falscher Behauptung, er habe den größten Erfolg im Wahlmänner-Gremium (Electoral College) seit Ronald Reagan erzielt.
Die Offensive auch gegen führende Sender wie CNN oder die BBC und Tageszeitungen wie die „New York Times“war bereits ein äußerst effektives rhetorisches Mittel während seiner Bewerbung. Denn sie machte es seinen Anhängern leicht, jede Kritik an Trump durch die Medien als einseitige Stimmungsmache zu bewerten. Auch missliebige Fragen von TV-Moderatoren konnten so als Produkt von Parteilichkeit diskreditiert werden. Gegenangriffe fährt Trump derweil in atemberaubendem Tempo. Immer noch im Wahlkampf-Modus, attackierte er nicht nur die Medien, sondern auch Hillary Clinton. Und seinen Vorgänger Barack Obama: Dieser habe ihm eine „mess“(Chaos) hinterlassen.
Zu Details seiner zukünftigen Politik hielt sich Trump eher bedeckt. Auch zur Frage, wie denn nun der neue, von ihm für die kommende Woche angekündigte Einreise-Erlass aussehen werde. Vieles ist auch nach knapp vier Wochen weiter unklar. Und das zeigt Wirkung. Ex-Admiral Robert Harward lehnte am Donnerstag die Nachfolge von Michael Flynn als Sicherheitsberater ab. Berichten zufolge hat er offiziell Zeitgründe angegeben, aber gegenüber Freunden – so schildert es CNN – das Angebot Trumps abfällig als „Shit sandwich“(„ScheißeSandwich“) bezeichnet. Auch das spricht für sich.
„Es gibt kein Chaos in meiner Regierung. Alles
läuft wie eine fein abgestimmte Maschine.“
Donald Trump
in seiner legendären Pressekonferenz