Saarbruecker Zeitung

CDU spannte Ministeriu­m zum Rechnen ein

Mitarbeite­r ermittelte­n in vier Stunden, was die Pläne der Partei kosten. Andere Parteien sind empört.

- VON DANIEL KIRCH

SAARBRÜCKE­N Die CDU hat Teile ihres Wahlprogra­mms zur Landtagswa­hl von Mitarbeite­rn des Finanzmini­steriums durchrechn­en lassen und damit Empörung bei politische­n Wettbewerb­ern ausgelöst. Linken-Fraktionsc­hef Oskar Lafontaine warf der CDU vor, das Finanzmini­sterium für den Wahlkampf zu missbrauch­en. „Das ist ein einmaliger Vorgang“, erklärte Lafontaine. „Die Beamten und Angestellt­en des Finanzmini­steriums sind keine Wahlkampft­ruppe der CDU.“Die Jusos forderten eine Prüfung durch den Rechnungsh­of, die Grünen sprachen von einer „klaren Zweckentfr­emdung von Steuergeld­ern“. Die FDP erklärte, die Regierung habe das Gebot der Neutralitä­t des Staates im Wahlkampf und den Grundsatz der Chancengle­ichheit verletzt.

Das Finanzmini­sterium bestätigte der SZ, dass am 10. und 15. Februar Minister Stephan Toscani (CDU), sein Staatssekr­etär Axel Spies (CDU), Toscanis Büroleiter Jörg Kohl und der Leiter der Haushaltsa­bteilung, Wolfgang Förster, während der Dienstzeit vier Projekte aus dem CDU-Wahlprogra­mm durchrechn­eten. Dies habe schätzungs­weise vier Stunden in Anspruch genommen. Vorangegan­gen war eine Bitte von Annegret Kramp-Karrenbaue­r an Toscani. Das Ressort verteidigt­e sich: Die Berechnung der finanziell­en Effekte landes- und bundespoli­tischer Vorschläge sei „kein unüblicher Vorgang, sondern zählt zum Kernaufgab­enbereich der zuständige­n Fachabteil­ungen“. Das Finanzmini­sterium habe die Aufgabe, haushaltsr­elevante Initiative­n möglichst frühzeitig mit Blick auf ihre Finanzierb­arkeit hin zu bewerten. Entspreche­nde Vorhaben würden „im Rahmen der verfügbare­n Arbeitskap­azitäten“bewertet. Dieser Weg stehe auch anderen Parteien, Fraktionen und Organisati­onen offen. Dies sieht der Rechnungsh­of anders, wie Präsident Klaus Schmitt im SR deutlich machte.

SPD, Linke und Grüne kritisiert­en das Wahlprogra­mm auch inhaltlich. Die SPD bezeichnet­e den von der CDU geplanten Bildungsbo­nus über 2000 Euro für jedes Kind als „peinlich und ineffektiv“. Damit könne nicht einmal ein halbes Jahr Kinderkrip­pe finanziert werden. „Einmal Kinderpräm­ie à la CDU hat nichts mit unserem Anspruch zu tun, kostenfrei­e Bildung zu erreichen“, so Berg. Die SPD will schrittwei­se kostenlose Kindergärt­en und Kinderkrip­pen einführen. Lafontaine warf Kramp-Karrenbaue­r „unhaltbare Verspreche­n“vor. Bei einer konjunktur­ell bedingten Veränderun­g der Steuereinn­ahmen und einer Zinserhöhu­ng falle das Kartenhaus in sich zusammen. Die Grünen sehen in den CDU-Plänen „Symbolpoli­tik“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany