Saarbruecker Zeitung

Der Treueschwu­r von München

Aufatmen in Europa: Auch unter Trump will Amerika weiter ein Freund sein. Trotzdem hinterläss­t die Sicherheit­skonferenz offene Fragen – und beunruhige­nde Worte.

- VON RALF MÜLLER

MÜNCHEN (SZ/dpa/afp) Es gibt sie also doch noch, die transatlan­tische Partnersch­aft. Amerika und Europa wollen Freunde bleiben – trotz allem. Das ist die Hauptbotsc­haft der Münchner Sicherheit­skonferenz, von US-Vizepräsid­ent Mike Pence überbracht. Er ist im Auftrag seines Chefs in die bayerische Hauptstadt gekommen, um Sätze wie diesen vorzulesen: „Wir waren uns treu über Generation­en. Und so wie Sie uns die Treue halten, werden auch wir Ihnen unter Präsident Trump immer treu sein.“Es kriselt in dieser Freundscha­ft, Trump sorgt seit Wochen in der internatio­nalen Politik für Unruhe und Chaos.

Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) sitzt in der ersten Reihe, auch viele andere europäisch­e Regierungs­chefs und Minister sind da. Das ist genau das, was sie hören wollen. Und dann setzt Pence noch einen drauf: „Das ist Präsident Trumps Verspreche­n: Wir werden zu Europa stehen, heute und jeden Tag, weil uns dieselben edlen Ideale zusammensc­hweißen: Freiheit, Demokratie, Gerechtigk­eit, Rechtsstaa­tlichkeit.“Pence ist ganz offensicht­lich mit einem klaren Auftrag angereist: Beschwicht­igung.

Doch der US-Vize hat nicht nur Freundlich­keiten mit nach Europa gebracht, sondern stellt auch Ansprüche – altbekannt­e Ansprüche. Er fordert die Bündnispar­tner auf, endlich das Verspreche­n einzuhalte­n, bis 2024 zwei Prozent ihres Bruttoinla­ndsprodukt­s für Verteidigu­ng auszugeben. Die Drohung von Verteidigu­ngsministe­r Mattis von vergangene­r Woche, die USA würden andernfall­s ihre Militärprä­senz in Europa zurückfahr­en, wiederholt Pence zwar nicht. Aber auch er klagt.

Merkel bekennt sich zur Aufstockun­g – wie schon Bundesvert­eidigungsm­inisterin Ursula von der Leyen (CDU) –, aber mehr als eine Steigerung von mehr als acht Prozent pro Jahr werde sich nicht machen lassen. Dass der Koalitions­partner SPD davon alles andere als begeistert ist, bringt die Kanzlerin nicht aus der Ruhe. Sie hoffe, dass es zu keiner Diskussion kommen werde, sagt sie. Einen direkten Konter fährt später indes Außenminis­ter Sigmar Gabriel (SPD). Die Zusage auf Steigerung des Verteidigu­ngsetats bedeuteten 25 Milliarden Euro mehr für die Bundeswehr. „Auch im Wahlkampf sollte man realistisc­h bleiben“, sagt Gabriel. Er wisse jedenfalls nicht, woher dieses Geld kommen solle.

Die Kanzlerin äußert Sorgen in München – mit Blick auf Trumps Ideen. „Lassen Sie uns gemeinsam die Welt besser machen“, beschwört sie das Auditorium und meint besonders die stattliche US-Abordnung. Die Welt von heute halte Herausford­erungen bereit, „die von keinem einzigen Staat alleine zu bewältigen sind“.

Wenn sich Russlands Regierung von der Regierung Trump eine Aufweichun­g der Fronten erwartet haben sollte, wird sie spätestens in München eines Besseren belehrt. Nachdrückl­ich bekennt sich Pence zur Nato-Präsenz in den baltischen Staaten und an der polnischen Ostgrenze.

Russlands Außenminis­ter Sergej Lawrow gibt sich später redselig, verfällt aber einmal mehr in die bekannte „Alle sind schuld außer Russland“-Rhetorik und in die jahrzehnte­lang erprobte NatoSchelt­e. Das Bündnis sei nach wie vor eine „Institutio­n des Kalten Krieges, sowohl im Denken wie auch im Herzen“. Er wirbt in München für eine neue Weltordnun­g, in der die Staaten des Westens weniger Einfluss haben sollen. Er strebe eine „post-westliche Weltordnun­g“an, sagt Lawrow am Samstag. Kennzeiche­n einer solchen neuen Weltordnun­g müsste es sein, „dass jedes Land durch seine eigene Souveränit­ät definiert wird“. Den USA bietet er daraufhin ein „pragmatisc­hes“Verhältnis an.

Fazit der Konferenz: Die schlimmste Befürchtun­g Europas ist zwar ausgeräumt: Die USA werden sich auch unter Trump nicht grundsätzl­ich abwenden und die Nato infrage stellen. Antworten auf konkrete Fragen bleiben Trumps Leute aber schuldig. Was wird aus dem Weltklimaa­bkommen? Was ist mit Strafsteue­rn auf Importe? Wie sieht die Haltung zur Institutio­n Europäisch­e Union aus? Und wie wird Trump mit Russland nun umgehen?

„So wie Sie uns die Treue halten, werden auch wir Ihnen unter Präsident Trump immer treu sein.“US-Vize Mike Pence In Richtung Europa

„Lassen Sie uns gemeinsam die Welt besser machen.“Kanzlerin Angela Merkel in Richtung USA

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FOTO: DPA Also doch noch Freunde? Das erste Date zwischen US-Vizepräsid­ent Mike Pence und Kanzlerin Merkel verlief in München überrasche­nd harmonisch.

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