Saarbruecker Zeitung

Gefangenen befreit, nun verurteilt

- VON WOLFGANG IHL

SAARBRÜCKE­N Das Landgerich­t Saarbrücke­n hat einen 46 Jahre alten Handwerksm­eister wegen Befreiung eines Strafgefan­genen zu sieben Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Außerdem muss der vorläufig vom Dienst befreite Mitarbeite­r des Jugendgefä­ngnisses in Ottweiler 1500 Euro Geldauflag­e an einen Verein zahlen, der sich um entlassene Strafgefan­gene kümmert. Zusätzlich zu diesem Strafurtei­l droht dem Mann in einem Disziplina­rverfahren die Entlassung aus dem öffentlich­en Dienst.

Der Angeklagte hatte nach Feststellu­ng des Gerichts und nach seiner eigenen Aussage im April 2015 vom Gefängnis in Ottweiler aus einen 20 Jahre alten Häftling als Helfer im Auto mitgenomme­n. Er wollte in Saarbrücke­n Malerbedar­f für die Renovierun­g eines Fitnessrau­mes im Knast einkaufen. Gegen 7.20 Uhr seien beide losgefahre­n. Etwa fünf Minuten später und fünf Kilometer von der Justizvoll­zugsanstal­t (JVA) entfernt habe er den 20-Jährigen bei Mainzweile­r aus dem Auto gelassen. „Ich dachte, er wolle sich auf die Wiese setzen und ein paar Zigaretten rauchen“, so der Angeklagte. Es sei ein sonniger Morgen gewesen. Und es sei abgemacht worden, dass er den Häftling rund zweieinhal­b Stunden später auf dem Rückweg wieder mit ins Gefängnis nimmt. Aber der junge Mann, der damals eine dreijährig­e Strafe wohl wegen Einbrüchen absaß, kam nicht zum Treffpunkt. Er setzte sich ab und wurde über ein Jahr später von Zielfahnde­rn der Polizei in Südfrankre­ich entdeckt. Zwischenze­itlich sitzt der nun 22Jährige in der Justizvoll­zugsanstal­t für Erwachsene in Saarbrücke­n. Als Zeuge vor Gericht machte er von seinem Recht zu schweigen Gebrauch.

Der Angeklagte hingegen schilderte die Ereignisse aus seiner Sicht und stellte mit seinem Anwalt klar: „So etwas darf man einfach nicht machen.“Das Ganze sei „naiv“und „bekloppt“gewesen. Aber es sei halt passiert, weil an jenem Morgen irgendwie verschiede­ne Faktoren zusammenge­kommen seien. Geld oder Vorteile für den Angeklagte­n – wonach Spezialerm­ittler der Polizei sehr intensiv und ohne Ergebnis gesucht hatten – spielten demnach keine Rolle.

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