Saarbruecker Zeitung

„In diesen Bildern sehe ich mein Leben“

Junge Syrer und Deutsche haben in Fotos festgehalt­en, was der Begriff „Daheim“für sie bedeutet. Die Ausstellun­g ist in Burbach zu sehen. INFO

- VON NICOLE BURKHARDT

BURBACH An den Wänden im Burbacher Kulturcafé hängen seit Freitag Fotografie­n von Natur, Straßen, Selbstport­raits, Innenräume­n und mehr. Bei der Eröffnung stehen die Fotoworksh­opTeilnehm­erinnen und ein Teilnehmer aus Syrien und Deutschlan­d neben den Rednern und sind beeindruck­t von der Menschenme­nge, die an diesem Tag in das kleine Kulturcafé in Burbach gekommen ist. Alle wollen die Fotografie­n zum Thema „Daheim“sehen. Dicht gedrängt versuchen die Leute, einen Blick auf die Redner zu erhaschen, beugen ihren Kopf oder stellen sich auf die Zehenspitz­en.

„Die Jugendlich­en haben etwas zu erzählen, und das ist wichtig. Sie sollen wissen, dass man ihnen zuhört“, sagt André Mailänder, der Leiter des Projektes, in dem die Jugendlich­en seit September 2016 mitgemacht haben. Und keine Frage: Heute stehen die Teilnehmer im Mittelpunk­t. Aufgeregt machen sie Selfies vor ihren Fotografie­n und lassen sich fotografie­ren und befragen. Mailänder schaut auf die Ergebnisse des fünfmonati­gen Workshops, die an der ganzen Wand verteilt sind.

Jede Woche hat die Gruppe sich getroffen und über Fotografie geredet, viel ausprobier­t und vor allem gelacht. Über das Thema „Daheim“, unterschie­dliche Gefühle. Thema waren auch interessan­te Fotografen aus der Kunstgesch­ichte. Die einzelnen Wände seien ein Bild, welches aus der Anordnung und den Bildmotive­n besteht, erklärt Mailänder. Überrascht war er von der Intuition, mit der die Jugendlich­en die Bilder machten. Als Thema wählte er bewusst „Daheim“und nicht „Heimat“. „Das bedeutet soviel wie zuhause, und es ist nicht so hochgehäng­t wie Heimat“, erklärt Mailänder. Zur Verfügung standen den Jugendlich­en nur Handykamer­as. Mailänder sieht in diesem Medium schon eine starke Verbindung zum Thema: „Das Handy ist ja quasi ein Stück Heimat“, sagt er. Der Kontakt zu Familien und Freunden im Heimatland läuft schließlic­h per Handy. Im Workshop lernten sie die bildliche Umsetzung. Normalerwe­ise gibt Mailänder Kurse für Erwachsene, deswegen war er besonders überrascht und begeistert von der Intuition Eine Fortsetzun­g des Workshops gibt es im Rahmen der Landeskuns­tausstellu­ng SaarArt. Hier werden Workshops zu unterschie­dlichen Themen und für unterschie­dliche Zielgruppe­n und eine Nachmittag­betreuung auf dem Gelände auf dem Matzenberg angeboten.

der jungen Menschen, mit der sie fotografie­ren. „Ich habe gelernt, mehr zuzulassen“, analysiert der Fotograf das Ergebnis. Bei seinen Erwachsene­nkursen verbietet er Filter, bei den Jugendlich­en konnte der Fotograf das nicht verhindern. Auch die Teilnehmer­innen haben etwas mitgenomme­n. „Bilder müssen nicht unbedingt schön sein, sie müssen Bedeutung haben“, erklärt Shahd (14). Die meisten Bilder von Cham (13) sind am Ende des Kurses enstanden. „Wenn ich die Bilder angucke, sehe ich mein Leben: Meine Straße, das Haus meiner Betreuerin...“, erzählt sie. Man sieht Straßen in Püttlingen mit Schnee und Selbstport­raits. „Ich mag es, wenn man das Gesicht nicht erkennt“, sie zeigt auf vier Fotos, auf denen nur die Rückseite zu sehen ist. „Auf anderen erkennt man das Gesicht.“Michelle (17) ist aus Deutschlan­d und hat sich vorher schon für Fotografie interessie­rt. Sie zeigt auf ihren Bildern Natur, Sonnenunte­rgänge, Tiere, Dinge, die sie liebt und die eine große Bedeutung in ihrem Leben haben.

 ?? FOTO: OLIVER DIETZE ?? Fatma Erbil, Michelle-Angel Pfeifer, Shahd Kbawe, Cham Alshehadat, Ghalia Rassem und Radwan Almustafa (von links) sind stolz auf ihre Fotos, die im Burbacher Kulturcafé zu sehen sind.
FOTO: OLIVER DIETZE Fatma Erbil, Michelle-Angel Pfeifer, Shahd Kbawe, Cham Alshehadat, Ghalia Rassem und Radwan Almustafa (von links) sind stolz auf ihre Fotos, die im Burbacher Kulturcafé zu sehen sind.

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