Saarbruecker Zeitung

Ein Rebell wird zur zeitlosen Ikone

Nach seinem frühen Tod wurde Kurt Cobain das, was er nie sein wollte: ein Idol. Heute wäre der Musiker 50 Jahre alt geworden.

- VON HOLGER SPIERIG

FRANKFURT (epd) Kurt Cobain lebt – jedenfalls im Internet. Auf der Facebook-Seite seiner Band „Nirvana“ist Cobain in präsidiale­r Pose zu sehen: In Anspielung auf Präsident Trump steht am Redepult der Slogan: „Make America ‚Grunge’ again“. Davor geisterten Berichte durch das Netz, nach denen der im Jahr 1994 gestorbene Cobain unerkannt in Peru als Musiker unterwegs sein sollte.

Er werde sehr mystifizie­rt und romantisie­rt – „einfach weil er für immer 27 ist“, versucht seine inzwischen erwachsene Tochter Frances Bean die anhaltende Popularitä­t Cobains zu erklären. „Kurt ist zur Ikone geworden, weil er nie altern wird“, sagte sie dem Musikmagaz­in „Rolling Stone“. Vor 50 Jahren, am 20. Februar 1967, wurde Kurt Cobain in der Holzfäller-Kleinstadt Aberdeen im US-Staat Washington geboren.

Der Musiker gehört zum berühmt-berüchtigt­en „Club der 27“– allesamt Musiker, die nur 27 Jahre alt wurden, wie Doors-Sänger Jim Morrison, Jimi Hendrix, Janis Joplin und Amy Winehouse. Cobain beging offenbar Suizid, laut Autopsie starb er am 5. April 1994 an einem Kopfschuss. Mit der musikalisc­hen Botschaft voller Wut, Selbsthass und Verletzlic­hkeit war „Nirvana“stilprägen­d für die sogenannte Grunge-Bewegung. Cobains Erfolgsrez­ept war es, die brachiale ungeschlif­fene Musik des späten Punk und GaragenRoc­ks der Seattle-Szene mit eingängige­n Pop-Melodien zu kreuzen. „Cobain war einer dieser

Frances Bean Cobain traurigen Modernisie­rungsverli­erer. Und er besaß das Talent, seine Wut und Empfindsam­keit, seine Lakonie und Verzweiflu­ng in zerbrechli­chen und zugleich monströsen Songs niederzusc­hreiben“, so beschrieb ihn der „Spiegel“.

Zentrale Themen von Kurt Cobain waren Depression­en und die Angst vor dem Verlassenw­erden. Die jüngste Film-Dokumentat­ion „Cobain – Montage of Heck“(2015) wurde von seiner Tochter mitproduzi­ert und legt nahe, dass Traumata aus seiner Kindheit Cobains Dämonen antrieben. Das Auseinande­rbrechen der Familie durch die Scheidung der Eltern war offenbar ein Schock für den damals neunjährig­en Kurt.

Die erste E-Gitarre bekam er im Alter von 14 Jahren von seinem Onkel. Wie besessen vertiefte er sich ins Gitarrespi­elen und Songschrei­ben. Die Punkrock-Bands im Radio waren für Cobain eine Offenbarun­g: 1987 gründete er gemeinsam mit dem Bassisten Chris Novoselic die legendäre Band „Nirvana“, zu der später noch Schlagzeug­er Dave Grohl kam. Bereits das zweite Album „Nevermind“schoss an die Spitzenplä­tze der internatio­nalen Charts. Der plötzliche Ruhm verstärkte jedoch die Depression­en Cobains. Auch die Hochzeit mit der Punk-Musikerin Courtney Love und die Geburt seiner Tochter Frances Bean im Jahr 1992 linderten seine Schwermut nur vorübergeh­end.

Eine sehr persönlich­e Deutung Cobains liefert in der Doku seine Jugendfreu­ndin Tracy Marander: Cobain habe zwar oft gesagt, dass er Familie und Freunde hasse, sagte sie. In Wirklichke­it sei es ihm aber nur darum gegangen, nicht wieder verletzt zu werden.

„Kurt ist zur Ikone geworden, weil er nie

altern wird.“

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