PRESSESCHAU
Das Umfrage-Hoch der SPD nach Ankündigung der Kanzlerkandidatur von Martin Schulz relativiert die Koblenzer „Rhein-Zeitung“:
Stutzig machen sollte die SPD, dass ihr mit Schulz plötzlich 48 Prozent der Deutschen eine Kompetenz im Bereich der sozialen Gerechtigkeit zutrauen – während es im November nur 29 Prozent waren. Dies zeigt zwar, wie sehr die Glaubwürdigkeit einer Partei mit dem Gesicht zusammenhängt, das diese Politik repräsentiert. Andererseits unterstreicht es, wie brüchig diese Glaubwürdigkeit ist, wenn sie nur von einer Person abhängt. Will die SPD ihr Umfragehoch am 24. September in Wählerstimmen ummünzen, wird sie einen sehr langen Atem brauchen.
Die Debatte der Nato-Staaten über die Höhe ihrer Militärausgaben kommentiert „Die Welt“(Berlin): Es gibt gute Gründe, das Zwei-Prozent-Ziel kritisch zu hinterfragen. Es misst allein die Mehrausgaben, nicht ihre Effizienz. Und es verengt den Sicherheitsbegriff auf das Militärische. Nur: Diese Bedenken hätten vor der Unterzeichnung der Nato-Vereinbarung thematisiert werden müssen. Nun kann sich Trump, den die Europäer gern zur Einhaltung westlicher Prinzipien ermahnen, auf ein unbestreitbares Prinzip berufen: Pacta sunt servanda, Verträge sind einzuhalten.
Der „Wiesbadener Kurier“meint zum deutschen Wehr-Etat:
Der Etat beträgt 37 Milliarden Euro, auf über 70 Milliarden müsste er nach der Nato-Regel (zwei Prozent) in zehn Jahren wachsen. Die Deutschen werden dabei zum Opfer ihres wirtschaftlichen Erfolgs: Gemessen werden die zwei Prozent am Bruttosozialprodukt. (.) Die Amerikaner wiederum haben einen Riesen-Wehretat, stellen aber längst nicht alles, was damit bezahlt wird, der Nato zur Verfügung. Aus all dem ist abzulesen, dass es bei dieser Politik per Rechenschieber keinen Grund gibt, den USA rückhaltlos zu folgen.
Nach der Wahlkampf-Veranstaltung der türkischen Regierungspartei AKP in Deutschland mahnt die „Volksstimme“(Magdeburg): Erschreckend ist, dass es innerhalb der türkischen Minderheit in Deutschland eine starke Mehrheit gegen die Demokratie gibt. Während in der Türkei schon die wahllose Hatz auf Bildungselite und freie Presse eröffnet wurde, jubeln türkischstämmige Deutsche und viele Jahre in Deutschland lebende Türken den Repräsentanten des neuen Unrechtsregimes zu. Die ernüchternde Bilanz: Ein gutes Leben in einer liberalen Gesellschaft führt nicht automatisch zu einer demokratischen Gesinnung.