Es bleiben Zweifel an der Rolle von Pence
KOMMENTAR
Nach den Auftritten von Donald Trumps Stellvertreter in München und Brüssel könnten die meisten Gesprächspartner von Mike Pence wohl auf den Gedanken kommen, dass dieser die bessere Wahl für den Top-Job im Weißen Haus gewesen wäre. Anders als Trump strahlte er Zuverlässigkeit, Berechenbarkeit, innere Ruhe und den Wunsch zur Kooperation aus. Die harsche Kritik, die Trump im Wahlkampf an der Nato („obsolet“) und an der EU geübt hatte? Für Pence scheint dies Schnee von gestern zu sein. Er umschmeichelte die EU, steht angeblich fest zur Nato und will eine enge Partnerschaft. Das war sicher Balsam für die höchst beunruhigten Europäer. Doch die Schattenseiten dieser Charmeoffensive sind gut erkennbar. Pence hat kaum klare Konzepte für Konfliktfelder wie Syrien oder die Ukraine. Und: Niemand kann sagen, wie lange seine Zusicherungen und sein Treueschwur Bestand haben werden. Zu schockierend irrational handelt sein Chef derzeit noch. Bei der Affäre um seinen entlassenen Sicherheitsberater Michael Flynn ließ Trump seinen Vize zudem zwei Wochen lang im Dunkeln darüber, dass Flynn gegenüber Pence gelogen hatte. Das muss Zweifel daran wecken, welchen Stellenwert der Präsident seinem Stellvertreter tatsächlich gibt. Friedemann Diederichs