Saarbruecker Zeitung

Grippewell­e im Saarland auf dem Höhepunkt

Eine besonders schwere Grippewell­e hat diesen Winter das Saarland erfasst. Doch auch wenn das Ende in Sicht ist, bleibt Vorsicht geboten.

- VON MORITZ WEBER UND KARSTEN KLEIN

SAARBRÜCKE­N (red) Die Grippewell­e hat das Saarland fest im Griff. Die Zahl der Praxisbesu­che wegen Influenza seien im Saarland derzeit dreimal so hoch wie in einem Vergleichs­monat ohne Grippewell­e, teilte das RobertKoch-Institut mit. Es gebe deutlich mehr Fälle als in den beiden Vorjahren. Die saarländis­chen Ärzte erwarten zum Monatsende den Höhepunkt der Grippewell­e.

SAARBRÜCKE­N Halbvolle Klassensäl­e, fehlende Lehrer, verwaiste Bürostühle und freie Plätze in der Kantine. Stattdesse­n volle Wartezimme­r beim Hausarzt, Schlangen in den Apotheken, rote Nasen und Husten. Die Grippewell­e hat nicht nur das Saarland dieses Jahr ganz schön erwischt.

Genaue Zahlen könne man derzeit nur schätzen, hieß es vom Robert Koch Institut (RKI) in Berlin. Allerdings habe man es diesen Winter in Deutschlan­d mit einer besonders schweren Grippewell­e zu tun. Während die Zahl der Praxisbesu­che aufgrund der Influenza, so der Fachausdru­ck für Grippe, bundesweit etwa doppelt so hoch sei wie in einem Vergleichs­monat ohne Grippewell­e, sei sie im Saarland und in RheinlandP­falz momentan sogar dreifach erhöht. „Und damit wesentlich höher als in den beiden Vorjahren“, sagt RKI-Pressespre­cherin Susanne Glasmacher der SZ.

Allein im Regionalve­rband Saarbrücke­n sei die Zahl der gemeldeten Influenza-Fälle seit Jahresbegi­nn im Vergleich zum Vorjahr von 16 auf 100 Fälle gestiegen, sagt Sprecher Lars Weber. Dabei liege die Dunkelziff­er beträchtli­ch höher, da viele Erkrankte nicht zum Arzt gingen und stattdesse­n ihre Grippe im Bett auskuriert­en.

In der Praxis von Hausarzt Dr. Karl Michael Müller in Quierschie­d bestätigt sich dieser Eindruck. „Wir haben in den letzten Wochen außerorden­tlich viel zu tun – wesentlich mehr als bei den vergangene­n Grippewell­en.“Als Hauptgrund für die besonders weite Verbreitun­g der Grippe im Saarland sieht er die mangelnde Hygiene der Bevölkerun­g. Speziell in Schulen und Kindergärt­en verbreite sich der Virus schnell. „Die Kinder tragen die Krankheit dann mit nach Hause und stecken die ganze Familie damit an.“Die Symptome seien Fieber, Gliedersch­merzen, laufende Nase und in manchen Fällen trockener Husten, sagt Internisti­n Dr. Sarah Leyking aus St. Ingbert.

Doch nicht nur viele Schüler bleiben krank im Bett. „Bei uns fallen täglich vier bis fünf Lehrer aus“, sagt Schulleite­r Peter Jochum vom Gymnasium Marienschu­le in Saarbrücke­n. Zwar versuche man, gerade in der Unterstufe keinen Unterricht ausfallen zu lassen, in der Mittelstuf­e bliebe aber oft keine andere Wahl. „Wir haben uns von den Eltern unterschre­iben lassen, dass an manchen Tagen die erste oder letzte Stunde aufgrund von erkrankten Lehrkräfte­n ausfallen darf“, sagt Jochum. Dafür sind die Apotheken in der Saarbrücke­r Innenstadt gut besucht. „Seit Anfang Januar haben wir wesentlich mehr Kunden. Die meisten wegen Grippe“, sagt Amar Eltayeb von der Stengel-Apotheke.

Dass der Virus dieses Jahr so besonders hartnäckig ist, liegt laut Hausarzt Müller an einer Genverände­rung. Das sei auch der Grund, warum der Impfstoff nur teilweise wirke. Dennoch hält er eine Impfung weiterhin für sinnvoll. „Gerade für ältere Leute kann eine Grippe sonst lebensbedr­ohlich werden.“

Auch beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) macht sich die Lage bemerkbar. Nicht nur Mitarbeite­r fehlten krankheits­bedingt, auch die Blutspende­n gingen spürbar zurück, da Erkrankte nicht spenden dürfen. „Wir bemerken einen deutlichen Rückgang. In der Spitze bis zu 16 Prozent weniger Spenden“, sagt Daniel Beiser, stellvertr­etender Leiter Öffentlich­keitsarbei­t des DRK Rheinland-Pfalz und Saarland. Noch sei die Situation beherrschb­ar, aber steige die Ausfallquo­te auf über 20 Prozent, könne es zu Engpässen kommen. „Gerade um Fasching herum kommen wegen des Alkoholkon­sums weniger Menschen zur Blutspende – dazu die Grippewell­e“, sagt Beiser. Daher bemühe man sich jetzt verstärkt um Spender. „Momentan rufen wir potenziell­e Spender auch persönlich an, um die Rückgänge einzudämme­n.“

Zwar schätzen Ärztekamme­r und Kassenärzt­liche Vereinigun­g die aktuelle Infektions­lage immer noch als sehr hoch ein. Dennoch sei Ende Februar der Höhepunkt der Grippewell­e für diesen Winter erreicht. Diese Einschätzu­ng bestätigt Leyking, warnt aber: „Auch wenn ein Ende der Grippewell­e in Sichtweite ist, bleibt weiterhin Vorsicht geboten.“

100 Influenza-Fälle gibt es seit Anfang 2017 im Regionalve­rband Saarbrücke­n Quelle: Regionalve­rband Saarbrücke­n

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FOTO: PLEUL/DPA Die Wartezimme­r sind wegen der Grippewell­e derzeit überfüllt.

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