Saarbruecker Zeitung

Abkehr von der atomaren Abrüstung

US-Präsident Trump denkt laut über einen Ausbau der Nuklearwaf­fen im Land nach. Das lässt bei Kritikern alle Alarmglock­en schrillen.

- VON THOMAS SEIBERT

WASHINGTON Selbst im Chaos der ersten Wochen seiner Regierung ist Donald Trump einem Grundsatz treu geblieben. Das Prinzip „Amerika zuerst“soll auf allen Feldern der Politik durchgeset­zt werden – offenbar auch in einer neuen Atomwaffen-Doktrin, die in Umrissen erkennbar wird: Der 70jährige will den Kurs seines Vorgängers Barack Obama bei der nuklearen Abrüstung aufgeben und die USA an die „Spitze des Rudels“bringen, was die Zahl von Atomwaffen angeht. Das wirft viele Fragen auf, auch mit Blick auf Trumps Verhältnis zu Russland.

Trump nähert sich dem sensiblen Bereich der atomaren Rüstung so, wie er andere Themen angeht. Der Präsident will bessere „Deals“für Amerika herausschl­agen und die Position der USA als unangefoch­tene Führungsma­cht sichern. In einem Interview sagte der Präsident jetzt, solange es Atomwaffen gebe, dürfe niemand mehr haben als die USA. Er träume zwar von einer Welt ohne Nuklearwaf­fen. „Aber wenn Länder Atomwaffen besitzen, werden wir an der Spitze des Rudels sein.“

Der Präsident bekräftigt­e eine Aussage aus seinem Wahlkampf, nach der die USA in beklagensw­erter Weise gegenüber anderen Atommächte­n ins Hintertref­fen geraten sind. In dem Interview kritisiert­e er das von Obama ausgehande­lte neue START-Abkommen mit Russland über die Begrenzung der Zahl strategisc­her Atomwaffen als einen von vielen „schlechten Deals“für die USA. Der Vertrag enthalte Zugeständn­isse an Russland, „die wir niemals hätten zulassen dürfen“. Seine Regierung werde dagegen „gute Deals“abschließe­n.

Ob das bedeutet, dass die USA den neuen START-Vertrag aufkündige­n werden, ist unklar. Laut dem Abkommen sollen Russen und Amerikaner die Zahl ihrer Abschussvo­rrichtunge­n für weitreiche­nde Atomwaffen auf jeweils 800 begrenzen. Kritiker werfen Obama vor, der Vertrag habe zu einer Zunahme russischer Atomwaffen bei einem gleichzeit­igen deutlichen Abbau des amerikanis­chen Arsenals geführt. Insgesamt hat Russland nach Angaben der Organisati­on Ploughshar­e Fund 7000 Nuklearwaf­fen, während die USA 6800 der Waffen besitzen.

Obama betrachtet­e den Vertrag mit Russland und auch das internatio­nale Atomabkomm­en mit dem Iran als Beiträge zu einem weltweiten Abbau von Nuklearwaf­fen. Trotz des START-Vertrages verfügen Washington und Moskau nach wie vor über mehr als genug Atomwaffen, um sich gegenseiti­g zu vernichten.

Kritiker befürchten, dass Trump ein neues atomares Wettrüsten auslösen könnte – was für den neuen Präsidente­n offenbar auch kein Problem wäre. Sollte es einen neuen Rüstungswe­ttlauf geben, werde Amerika siegen, sagte Trump nach seinem Wahlsieg im vergangene­n Jahr. Die Aussage sorgt für erhebliche Besorgnis.

Wie so oft bei Trump war am Ende nicht klar, was der neue Mann im Weißen Haus nun eigentlich will. Offen ist auch, wie die neue Regierung mit dem bereits laufenden Modernisie­rungsprogr­amm des US-Atomwaffen­bestandes umgehen will. Das Programm hat ein Volumen von einer Billion Dollar über einen Zeitraum von 30 Jahren. Im Hintergrun­d stehen zudem die von vielen Experten geäußerten Zweifel an dem für seine Sprunghaft­igkeit bekannten Trump, wenn es um die Macht des Präsidente­n zur Anordnung eines Atomwaffen­einsatzes geht. In der Frage des Ersteinsat­zes atomarer Waffen herrscht bei Trump ebenfalls Unklarheit. Im Wahlkampf hatte er angedeutet, dass er es für möglich halte, mit Nuklearwaf­fen gegen den Islamische­n Staat vorzugehen. Kritiker sind entsetzt. Von einer „gefährlich­en Entwicklun­g für die weltweite Sicherheit“sprach Bruce Blair, Mitbegründ­er der Abrüstungs-Initiative Global Zero. Trumps Vorstellun­gen ließen das „Albtraum-Szenario“eines Atomwaffen­einsatzes wahrschein­licher werden.

 ?? FOTO: NGAN/AFP ?? Augen zu, Daumen hoch und durch: Donald Trump will die USA massiv atomar aufrüsten – und den Kurs des Vorgängers Obama umkehren.
FOTO: NGAN/AFP Augen zu, Daumen hoch und durch: Donald Trump will die USA massiv atomar aufrüsten – und den Kurs des Vorgängers Obama umkehren.

Newspapers in German

Newspapers from Germany