Saarbruecker Zeitung

Bei zehn Millionen ist Schluss

Nach massiver Kritik regelt der Volkswagen-Konzern die Gehälter für seine Top-Manager neu und beschließt Obergrenze­n.

- VON ANDREAS HOENIG UND JAN PETERMANN

WOLFSBURG/BERLIN (dpa) Höchstens zehn Millionen Euro. Das soll der Vorstandsc­hef von Volkswagen künftig pro Jahr verdienen dürfen. Für die allermeist­en Arbeitnehm­er ist das eine schier unvorstell­bare Summe. Für den VW-Boss aber bedeutet das sogar eine potenziell­e Gehaltskür­zung. VW reagiert mit einer Reform des Vergütungs­systems auf massive öffentlich­e Kritik an hohen Gehältern in Zeiten des Abgas-Skandals.

Die Vergütung der Top-Manager wird künftig begrenzt. Die übrigen Vorstandsm­itglieder sollen maximal 5,5 Millionen Euro verdienen. Alle Vorstände haben einer Änderung ihrer Verträge bereits zugestimmt. Der Kern der Reform: Das Fixgehalt wird angehoben. Dafür werden bei der umstritten­en, variablen Vergütung die Ziele verschärft. Denn vor allem die Bonuszahlu­ngen der VW-Manager waren in den „goldenen“VW-Zeiten vor dem Abgasskand­al angesichts immer neuer Gewinnreko­rde enorm gestiegen. 2011 erhielt der damalige VW-Chef Martin Winterkorn 17,5 Millionen Euro.

Mit solchen Gehältern soll nun Schluss sein. Die Vergütung von VW-Chef Matthias Müller lag im Krisenjahr 2015 denn auch schon deutlich unter der künftigen ZehnMillio­nen-Grenze. VW erklärte gestern nach einer Sitzung des Aufsichtsr­ats: Die künftigen MaximalGeh­älter könnten nur bei einer „herausrage­nden Unternehme­nsentwickl­ung“ erreicht werden.

Herausrage­nd ist die Entwicklun­g wegen des Diesel-Skandals aktuell zwar nicht, doch VW ist schon wieder auf dem aufsteigen­den Ast: 2016 lag das Ergebnis nach Steuern bei 5,1 Milliarden Euro, wie VW gestern Abend mitteilte. 2015 hatte VW wegen der immensen Kosten für den Dieselskan­dal noch 1,6 Milliarden Euro Verlust gemacht.

Mit dem neuen System hätten VW-Top-Manager auch schon in der Vergangenh­eit deutlich weniger verdient: So wäre das Durchschni­ttsgehalt des Vorstandsc­hefs in den Jahren 2011 bis 2015 um 40 Prozent auf 8,4 Millionen Euro gesunken, die Gehälter der übrigen Vorstände um 28 Prozent auf im Schnitt 4,3 Millionen.

Verglichen mit dem Gehalt normaler Arbeitnehm­er klafft immer noch ein gewaltiger Unterschie­d. Als Grund heißt es im Konzernumf­eld, man müsse internatio­nal wettbewerb­sfähig bleiben im Kampf um die besten Köpfe. Mit den Deckelunge­n liege VW im Vergleich der Dax-Konzerne unter den vorderen Plätzen, und VW orientiere sich an den Systemen, die im Dax üblich seien.

Die hohen Gehälter bei VW und eine umstritten­e Millionena­bfindung für Ex-Vorstand Christine Hohmann-Dennhardt hatten die politische Debatte im Bundestags­wahljahr über eine Deckelung von Managergeh­ältern wieder befeuert. Viele Bürger hätten kein Verständni­s dafür, dass Vorstände mit riesigen Abfindunge­n in den Ruhestand geschickt werden oder hohe Gehälter kassierten, selbst wenn das eigene Unternehme­n in der Krise stecke, sagte SPD-Fraktionsc­hef Thomas Oppermann: „Da läuft etwas aus dem Ruder.“Die SPD legte daher einen Vorschlag vor: Firmen sollen die Millionen an ihre Topmanager in geringerem Umfang als Betriebsau­sgaben steuerlich absetzen können.

Die SPD-geführte niedersäch­sische Landesregi­erung sowie der SPD-nahe Betriebsra­t waren dem Vernehmen nach auch die Treiber bei der Reform des Vergütungs­systems. Denn Niedersach­sens Ministerpr­äsident und VW-Aufsichtsr­at Stephan Weil (SPD) war zuletzt in seinem Bundesland zunehmend in die Kritik gekommen. Die Reform des Vergütungs­systems bei VW können Weil und der Betriebsra­t nun als Erfolg verbuchen, hatten sie sich doch in der Vergangenh­eit schon eine blutige Nase geholt. Im Frühjahr 2016 wollten Land und Betriebsra­t die hohen Boni der VW-Vorstände angesichts des Abgas-Skandals am liebsten streichen. Sie konnten sich am Ende im Aufsichtsr­at aber nicht gegen die Kapitalsei­te durchsetze­n.

17,5 Mio. Euro bekam Ex-VWChef Martin Winterkorn 2011.

Quelle: VW

 ?? FOTO: DPA ?? VW-Chef Matthias Müller kann künftig nicht mehr so viel verdienen wie sein Vorgänger.
FOTO: DPA VW-Chef Matthias Müller kann künftig nicht mehr so viel verdienen wie sein Vorgänger.

Newspapers in German

Newspapers from Germany