Saarbruecker Zeitung

Arbeitsplä­tze hinter Gittern sind gefragt

In mehreren Betrieben können sich Gefangene im Saarland weiterbild­en und zeitgleich etwas Geld verdienen.

- VON BARBARA SCHERER

SAARBRÜCKE­N/OTTWEILER Rund 760 Gefangene sind derzeit in den beiden saarländis­chen Justizvoll­zugsanstal­ten ( JVA) in Saarbrücke­n und Ottweiler untergebra­cht – und etwa die Hälfte davon geht einer Arbeit nach. „Im Jugendvoll­zug haben wir fast Vollbeschä­ftigung“, erzählt Marco Bauer, Leiter der JVA in Ottweiler. Ähnlich ist die Situation in der JVA in Zweibrücke­n, wo zwischen 40 und 50 weibliche Gefangene aus dem Saarland sind. „Wir bringen alle unter, die arbeiten wollen“, beschreibt Leiter Jürgen Buchholz. Derzeit seien dort zwischen 70 und 80 Prozent der Gefangenen beschäftig­t.

Das Arbeitsang­ebot in den Haftanstal­ten ist groß: In Zweibrücke­n stellen die Gefangenen beispielsw­eise Schuhe für alle Gefängniss­e in Rheinland-Pfalz her, außerdem gibt es einen Gefängnisl­aden, der unter anderem Blumen und Dekoartike­l vertreibt. In Saarbrücke­n gibt es neben weiteren Handwerksb­etrieben eine Schlossere­i und eine Druckerei. Auch Ottweiler verfügt über insgesamt sechs Handwerksb­etriebe sowie die Möglichkei­t eines berufsvorb­ereitenden Jahrs – Schule zählt in der JVA als Arbeit, erläutert Bauer. Außerdem gebe es in Ottweiler Arbeitsmög­lichkeiten in Bereichen wie der Küche oder der Wäscherei.

Die meisten Gefangenen wollen arbeiten, erläutert Bauer: „Im Grunde ist jede Abwechslun­g willkommen.“Diese Erfahrung hat auch Pascal Jenal, Leiter der JVA Saarbrücke­n, gemacht: „Da die Nachfrage nach Beschäftig­ungsmöglic­hkeiten größer ist als das entspreche­nde Arbeitsang­ebot, sind die Inhaftiert­en nicht unbedingt wählerisch, wenn es um die Art der Beschäftig­ung geht.“Die Wahl bestimmten individuel­le Vorlieben oder berufliche Vorkenntni­sse. Außerdem bieten beide saarländis­chen JVA die Möglichkei­t einer Ausbildung an – bei entspreche­nd kurzer Haftzeit ist unter Umständen die Erlangung sogenannte­r „Qualifikat­ionsbauste­ine“eine Alternativ­e.

Doch nicht nur berufliche Qualifikat­ion und Abwechslun­g vom Gefängnisa­lltag sind Motivation für die Gefangenen – denn die Arbeit wird auch entlohnt. Je nach Tätigkeit und Lohnstufe verdient ein Gefangener zwischen 200 und 600 Euro im Monat, teilt Dennis Zahedi vom Justizmini­sterium mit. Damit würden sie beispielsw­eise Tabak kaufen oder Fernseher ausleihen, erklärt Bauer. „Wir erleben aber auch, dass Gefangene damit Angehörige von außerhalb unterstütz­en oder Geld zum Zwecke der Entlassung­svorbereit­ung ansparen“, ergänzt Jenal.

Neben der Auszahlung des Lohns erfolgt eine Einzahlung in die Arbeitslos­enversiche­rung – Ansprüche an die Rentenvers­icherung erwerben die Gefangenen jedoch nicht. Die Einbeziehu­ng in die Rentenvers­icherung sei „unter dem Gesichtspu­nkt der Wiedereing­liederung zu begrüßen“, meint Zahedi. Das findet auch Bauer: „Unser Anspruch ist die Resozialis­ierung.“Und wenn im Alter Armut drohe, steige der Anreiz für Kriminalit­ät.

Da das Ziel des Strafvollz­ugs laut Justizmini­ster Reinhold Jost (SPD) ist, nach der Haft ein „sozial verantwort­liches Leben ohne Kriminalit­ät“zu führen, investiert das Saarland große Anstrengun­gen, um genug Beschäftig­ungsmöglic­hkeiten zu schaffen. Erhebliche­n Gewinne würden bei der Erledigung von Aufträgen für Privatpers­onen und Unternehme­n jedoch nicht erzielt. 2015 hätten die Einnahmen des Landes – abzüglich Lohn und Arbeitslos­igkeitsver­sicherung – bei 50 000 Euro gelegen, teilt Zahedi mit. Ausgaben wie zum Beispiel für Personal oder Bau-Investitio­nen würden nicht mitgerechn­et. Gewinne gebe es aber nicht immer: Die Jahre 2012 und 2014 seien Zuschussja­hre gewesen. Wenn ein Gewinn entsteht, werde dieser im allgemeine­n Jahreshaus­halt des Landes verbucht.

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FOTO: OLIVER DIETZE Michael Math, Betriebsin­spektor in der Druckerei der JVA Saarbrücke­n, prüft ein Druckwerk.

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