Saarbruecker Zeitung

Ein Glücksfall fürwahr, aber ausbaufähi­g

Nach einem zehnjährig­en Vorlauf wird in Saarlouis nächste Woche endlich das Forschungs­zentrum für Künstler-Nachlässe eröffnet. Am Ziel ist Leiter Jo Enzweiler damit nicht.

- VON CHRISTOPH SCHREINER

SAARLOUIS Selbst Glückstage können manchmal noch Anlass zur Klage geben. Sofern in der feierlich angerichte­ten Suppe das Haar wie ein Krönchen obenauf schwimmt, braucht man es gar nicht erst zu suchen. Das Forschungs­zentrum für Künstlerna­chlässe im Saarland ist solch ein Fall. Wenn es Ende nächster Woche in Saarlouis nach jahrelange­m, unermüdlic­hen Insistiere­n nun tatsächlic­h feierlich eröffnet wird, so kann man dies gar nicht anders denn einen saarländis­chen Glücksfall nennen. Umso mehr, weil es angedockt sein wird an Jo Enzweilers Institut für aktuelle Kunst, dessen wertschöpf­ende, bildkünstl­erische Gedächtnis­arbeit für dieses Bundesland seit der Institutsg­ründung 1993 dank zahlloser exzellente­r Publikatio­nen, Lexika und Gutachten über jeden Zweifel erhaben ist.

Der ebenso lichte wie schicke 400 Quadratmet­er große Erweiterun­gsbau direkt hinter dem einstigen Pulvermaga­zin der Festungsst­adt Saarlouis ist zwar noch nicht ganz bezugsfert­ig. Soll es aber binnen Wochenfris­t sein, wenn der Kulturmini­ster ihm seinen Segen geben wird. Schon jetzt aber sieht man vor Ort: Das Forschungs­zentrum mit Depot, Schauraum, Studiensaa­l und Artothek wird nicht nur ein Gewinn für Saarlouis sein, sondern einer fürs ganze Saarland. Nicht allein, weil dort künftig künstleris­che (Teil-)Nachlässe gesichert, erforscht und der Öffentlich­keit zugänglich gemacht werden. Sondern auch, weil hier im besten Sinne auch ein kleiner Ort des Rückzugs und der Sammlung entsteht, an dem sich sowohl die 17 000 Bände umfassende Institutsb­ibliothek nutzen als auch im angrenzend­en Kunstraum kleine Ausstellun­gen besuchen lassen (die erste gilt Karl Kunz) sowie in der Artothek Original-Kunstwerke zu äußerst moderaten Leihgebühr­en ausleihen (25 Euro für Privatleut­e für bis zu sechs Monate; Praxen, Kanzleien etc. zahlen das Doppelte). Der Bestand umfasst bislang 400 bis 500 Werke, wird aber sukzessive um ausgewählt­e Kunstwerke aus dem NachlassSc­haulager erweitert werden.

Und was gibt’s da wieder zu meckern? Dem mit all diesen Saarlouise­r Bereicheru­ngen nichtsdest­otrotz verbundene­n großen „Aber“solch abfälligen Zungenschl­ag zu geben, hieße, es sich zu einfach zu machen. Muss doch daran erinnert werden, dass die Zukunft Saarlouis’ OB Roland Henz, Präsident der Fördergese­llschaft des Instituts

des Saarlouise­r Instituts für aktuelle Kunst und seines neuen Forschungs­zentrums finanziell weiter auf tönernen Füßen steht. Letzteres, dessen Betrieb mit gut 110 000 Euro jährlich veranschla­gt wird, ist dankenswer­terweise zwar auf fünf Jahre hin gesichert (mit je 20 000 Euro vom Land, 30 000 von Saartoto, 25 000 von der ME-Saar Stiftung, 30 000 von der Gesellscha­ft für staatsbürg­erliche Bildung, 5000 vom Landkreis Saarlouis und 7000 von der Stadt). Das Institut aber muss sich sein Überleben „Jahr für Jahr weiter zusammenbe­tteln“, wie der Saarlouise­r OB Roland Henz (SPD) sagt. Die Viertelmil­lion, die Enzweilers Laboratori­um (ein An-Institut der Saarbrücke­r Kunsthochs­chule) pro Jahr kostet, muss seit Jahr und Tag immer aufs Neue bei vielen treuen Sponsoren und Förderern eingeworbe­n werden. „Ein unwürdiger Zustand“, sagt Henz, qua Amt Präsident der Fördergese­llschaft. Würde das Institut nicht die Hälfte seines Jahresbudg­ets selbst erwirtscha­ften (über Einnahmen aus Gutachten und von ihm durchgefüh­rte, landesweit­e Wettbewerb­e für Kunst im öffentlich­en Raum), wäre es längst eingegange­n. Und natürlich ohne Claudia Maas, die langjährig­e gute „Seele des Instituts“. Und selbstrede­nd ohne Enzweilers vernetztes Navigieren und Taktieren. „Der Professor hat immer gesagt: Wir machen mal, dann sehen wir“, umreißt Henz Enzweilers ebenso besonnene wie beharrlich­e Offensiven in Richtung Politik, Verwaltung, Wirtschaft.

Enzweiler, der im April 83 wird, aber blühendes Leben versprüht, sitzt in seinem Büro neben Henz und lacht in sich hinein. Er weiß: Dicke Bretter lassen sich nur bohren, wenn man den Bohrer immer dabei hat. Doch fragt auch er sich, wie lange sein Institut finanziell noch so weiterdümp­eln kann. „Es muss eine Abschlussp­erspektive geben, die Einrichtun­g muss endlich institutio­nalisiert werden.“Was das heißt, ist klar: Enzweiler würde sein Lebenswerk am liebsten in der Stiftung Saarländis­cher Kulturbesi­tz aufgehen sehen. Tatsächlic­h wäre das Institut dazu gemäß Profil und Aufgaben geradezu prädestini­ert. Im Übrigen: Wäre das Land dies Enzweiler, dessen Institut sich kulturgesc­hichtlich viele Verdienste erworben hat, nicht schuldig? Mal sehen, was die politische­n Kräfteverh­ältnisse Ende März ergeben und damit dann die nächste Legislatur­periode.

Vorerst gilt es festzuhalt­en: Das neue, von Ministerpr­äsidentin und Kulturmini­ster mit angeschobe­ne Nachlassze­ntrum, das Enzweiler zufolge „nachhaltig arbeiten wird“, markiert ein wichtiges Etappenzie­l. Gut wäre es, die Bürger machten sich bald selbst ein Bild davon. .............................................

,,Wir müssen uns die Gelder Jahr für Jahr zusammenbe­tteln."

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