Saarbruecker Zeitung

Haftbefehl nach Todesfahrt in Heidelberg

PANORAMA

- VON SÖNKE MÖHL UND TATJANA BOJIC

Nach der Todesfahrt von Heidelberg ist Haftbefehl gegen den 35jährigen Autofahrer erlassen worden, der in eine Menschenme­nge gerast sein soll. Das Tatmotiv ist bislang unbekannt.

HEIDELBERG (dpa) Noch Stunden nach der Todesfahrt eines Mannes in eine Fußgängerg­ruppe in Heidelberg wirkt die Szenerie am Samstagabe­nd gespenstis­ch. Das schwarze Auto steht mit offener Fahrertür und Heckklappe – von Scheinwerf­ern grell angeleucht­et – an einer steinernen Säule vor dem Eingang einer Bäckerei. Davor dreht sich auf einem Dreibein langsam und geräuschlo­s ein Laserscann­er, der für die Kriminalte­chniker eine dreidimens­ionale Aufnahme des Tatorts macht.

Hunderte Passanten warten auf Straßenbah­nen und Busse, deren Verkehr zeitweise gestoppt wird. Hin und wieder huschen an diesem ursprüngli­ch fröhlichen Faschingst­ag wild verkleidet­e junge Frauen und Männer vorbei.

Auf dem belebten Bismarckpl­atz, einem Knoten des öffentlich­en Nahverkehr­s am Rande der Heidelberg­er Altstadt, fährt ein 35-Jähriger am Nachmittag mit seinem Wagen auf den Fußweg und rammt drei Menschen. Ein 73-Jähriger stirbt wenig später im Krankenhau­s. Auch der mutmaßlich­e Todesfahre­r liegt schwer verletzt im Krankenhau­s – Polizisten können den mit einem Küchenmess­er bewaffnete­n Mann auf seiner Flucht nur mit einem Schuss in den Bauch stoppen. Pfefferspr­ay allein bringt ihn nicht zur Räson. Der Haftbefehl wegen Mordverdac­hts wird dem Mann am Sonntag im Krankenhau­s eröffnet. Allerdings rätselten die Ermittler gestern Nachmittag immer noch über das Motiv.

Der Verdächtig­e ist nach Polizeiang­aben Student und lebt in Heidelberg. Er sei zuvor nicht polizeibek­annt gewesen. Ob er bei der Tat möglicherw­eise vermindert schuldfähi­g oder schuldunfä­hig war, müsse jetzt ermittelt werden. nach ambulanter Behandlung das Krankenhau­s wieder verlassen. Nach den Schüssen auf den 35-Jährigen wird auch gegen den Polizeisch­ützen ermittelt. Solche Überprüfun­gen finden nach einem Schusswaff­engebrauch durch die Polizei grundsätzl­ich statt, wie ein Polizeispr­echer sagte. Polizisten dürfen ihre Waffen nur in Extremsitu­ationen einsetzen. Gründe sind meist Notwehr oder der Schutz eines Bedrohten. Das Schießen ist im Ernstfall aber auch erlaubt, wenn schwere Verbrechen oder die Flucht eines gefährlich­en Täters nicht anders verhindern werden können. Der Gebrauch der Waffe sollte angedroht oder ein Warnschuss abgefeuert werden.

Im Fall von Heidelberg ist dies nach Angaben der Polizei auch geschehen. Der 35-Jährige wurde mehrmals aufgeforde­rt, sein Messer wegzulegen – das belegt auch ein von der Polizei als echt eingestuft­es Video, das auf Twitter zu sehen ist. In dem Video sind mehrere Polizeifah­rzeuge und Beamte zu sehen, die ihre Waffe auf den mutmaßlich­en Täter richten. Der 35-Jährige ist auf der Aufnahme nicht zu sehen. Nach den Aufforderu­ngen, die Waffe wegzulegen, ist ein Schuss zu hören.

Ein Student erlebte die dramatisch­e Festnahme nicht weit vom Bismarckpl­atz entfernt ganz aus der Nähe mit. Er sei dort gerade in einem Fitnessstu­dio gewesen, als er den Einsatz auf der Straße hört. „Heidelberg ist eigentlich friedlich“, sagt er dann. „Es wirkt seltsam.“Aber jeden Tag Angst zu haben, sei auch keine gute Lösung.

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FOTOS: DPA Polizei sichert nach der Todesfahrt eines 35-Jährigen den Tatort vor einem Geschäftsh­aus in Heidelberg.

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