Der Diesel steht zum Jubiläum unter Druck
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Vor 125 Jahren erfand Rudolf Diesel den Motor, der seinen Namen trägt. Die Feierlaune ist getrübt: Durch den Abgas-Skandal fiel der Diesel in Ungnade.
BERLIN (dpa) Eigentlich ist er ein Welterfolg und Paradebeispiel deutscher Ingenieurskunst, doch Kritiker sehen in ihm eher ein Schmuddelkind: Der Diesel hat es nicht leicht. Die Motortechnik – am 27. Februar 1892 von ihrem Erfinder Rudolf Diesel in Berlin zum Patent angemeldet – ist durch den millionenfachen Abgasbetrug bei VW in Verruf geraten. Als wären die gefälschten Werte zum Ausstoß von Stickoxiden nicht genug, entbrannte in ganz Europa auch noch eine Debatte darüber, ob man den Selbstzünder aus Umweltzonen der Städte verbannen sollte. In Stuttgart gibt es für ältere Diesel von 2018 an Fahrverbote.
Nie zuvor herrschte solch eine Aufregung um die lange als lärmender „Traktor“verspottete Technik. Dabei gilt sie als Jahrhundert-Erfindung, schuf mit die Grundlage für den Durchbruch des modernen Auto-, Schiffs- und Schienenverkehrs. Auch 125 Jahre nach ihrer Geburt dürfte sie noch eine Zukunft haben. Das Image mag angekratzt sein, aber moderne Varianten der „rationellen Wärmekraftmaschine“können ökologisch auch im Vorteil sein.
Der Chef des Autoverbands VDA, Matthias Wissmann, glaubt, dass neue Techniken mit synthetischem Öko-Sprit „einen neuen Frühling“in klassischen Motoren erleben: „Wir werden 2030 noch hocheffiziente Verbrenner brauchen.“2016 war in Deutschland knapp jedes zweite neue Auto ein Diesel, der Marktanteil sank jedoch von 48 auf 45,9 Prozent.
Als Spritschleudern gelten Diesel dennoch, vor allem ältere Modelle unterhalb der modernen Abgasnorm Euro 6. Wieso? Verglichen mit Ottomotoren ähnlicher Leistung kamen sie meist nicht um ein Dilemma herum: Die Senkung des Verbrauchs – und damit auch des Klimagases CO2 – gelang in der Regel besser als bei Benzinern, weil Dieselmotoren aufgrund der Selbstentzündung des Kraftstoffgemischs im Zylinder effizienter arbeiten. Dafür stoßen sie im Schnitt aber größere Mengen Stickoxide (NOx) aus, die bei hoher Konzentration als Atemgifte wirken können. Benziner konnten dagegen mit einer besseren NOx-Bilanz punkten, pusteten dafür mehr CO2 in die Luft. Die Technik hat sich allerdings stark weiterentwickelt. Während Benziner mit der Zeit sparsamer wurden, hievten Ingenieure den Diesel in erträglichere NOx-Bereiche.
Dennoch muss der Diesel weiter mit großer Skepsis kämpfen – angesichts des in den USA bekanntgewordenen Abgas-Skandals um VW auch durchaus zu Recht. Auch in der EU sind vor allem strenge CO2-Regeln ein Ziel der Umweltpolitik. Nach 2020 dürfen die Flotten der Autohersteller in Europa nur noch durchschnittlich 95 Gramm des Treibhausgases pro gefahrenen Kilometer in die Atmosphäre blasen. Das trifft vor allem die deutschen Autobauer, für die Dieselfahrzeuge bisher ungleich bedeutender sind als für die Konkurrenz in Übersee.
Und die deutsche Politik? Mit ihrer Forderung einer „blauen Plakette“für sparsame Diesel konnte sich Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) bislang nicht durchsetzen. Dabei läuft gegen Deutschlands eit2015e in Vertragsverl et zungsv erfahrender EU, weil vielerorts Grenzwerte nicht eingehalten werden. Seit Dezember muss sich die Bundesregierung in Brüssel außerdem wegen zu laxen Vorgehens gegen die Abgas-Tricksereien der Konzerne rechtfertigen.
Die Zukunft – sprich: der Marktanteil – des Diesels wird durch den Ausbau der Elektromobilität und weiterer Alternativen wie Brennstoffzelle oder Erdgasmotor, so schleppend er derzeit auch noch läuft, mittelfristig verschieben, schätzt der scheidende Daimler Entwicklungsvors tand Thomas Weber. Auf dem Weg dorthin werde man jedoch kaum auf moderne Diesel verzichten können. Ein Faktor beim Diesel sind neben dem häufig hohen Anschaffungspreis auch die Betriebskosten. Solange die Kfz-Steuer für Diesel autos über der für Benzin erliegt, ist der Umstieg nur bedingt attraktiv. Andererseits wird Diesel heute noch geringer besteuert als Benzin und ist damit an der Tankstelle günstiger. Hinzu kommt, dass der Antrieb aus anderen Branchen nicht wegzudenken ist. Auf den Weltmeeren fahren Containerschiffe mit teils haushohen Diesel-Aggregaten. Umweltschützer mahnen, dennoch dürfte auch der Lkw-Verkehr mittelfristig auf Diesel angewiesen bleiben. Hybridoder Elektro-Lkw erreichen keine größeren Stückzahlen.
Ausgedient hat das Erbe Rudolf Diesels also noch nicht. Aber es muss sich wandeln, sagen Experten. Peter Mock – Europa-Chef der Umwelt organisationICCT, die den VW-Skandal mit aufdeckte – betont: „Ihn sauber zu bekommen, ist absolut möglich.“Und es ist nötig, wenn der Diesel überleben will. Denn die Experten sehen die Zukunft der Elektro-Autos deutlich kommen.
„Ihn sauber zu bekommen, ist absolut möglich.“
Peter Mock, Umweltexperte, über
den Diesel-Antrieb