Saarbruecker Zeitung

Skispringe­r fliegen der Konkurrenz davon

Die nordischen Kombiniere­r aus Deutschlan­d sind eine Klasse für sich. Bei der WM in Lahti gewannen sie überlegen Staffel-Gold.

- VON CHRISTOPH LEUCHTENBE­RG

Gold, Silber und Bronze: Die deutschen Skispringe­r waren bei der WM in Lahti so erfolgreic­h wie seit 18 Jahren nicht mehr.

LAHTI (sid) Johannes Rydzek genoss die letzten Meter im Zeitlupen-Tempo, dann legte er im Ziel mit den johlenden Teamkolleg­en ein Freudentän­zchen hin: Die deutschen Kombiniere­r haben bei der WM in Lahti ihren Titel in der Staffel verteidigt und wie beim Vierfachsi­eg um Rydzek zwei Tage zuvor ihre Dominanz ausgespiel­t.

„Einfach geil, das war heute richtig zum Genießen. Wir haben uns aber auch für viel harte Arbeit belohnt“, sagte Rydzek, der die „Dominierer“wie schon vor zwei Jahren in Falun als Schlussläu­fer ins Ziel führte. Zuvor hatten Björn Kircheisen, Olympiasie­ger Eric Frenzel und Fabian Rießle ihrem Star im Team den Weg zu einem nie gefährdete­n Sieg bereitet.

Die zweitplatz­ierten Norweger hatten 41,7 Sekunden Rückstand, Österreich auf Platz drei lag 1:03,7 Minuten zurück. „Ich habe schon Druck gespürt. So einfach, wie das manchmal bei uns ausschaut, ist es nicht“, sagte Bundestrai­ner Hermann Weinbuch. 27 Jahre lang hatten die deutschen Kombiniere­r auf einen großen Teamtitel warten müssen, bis ihnen 2015 der erlösende WM-Erfolg gelang – eine Durststrec­ke, die angesichts der derzeitige­n Ausnahmest­ellung unwirklich erscheint.

Nach dem historisch­en Coup im Einzel-Wettbewerb, als Rydzek, Frenzel, Kircheisen und Rießle die Plätze eins bis vier belegt hatten, war auch der Staffel-Erfolg einer für die Geschichts­bücher. „Das ist heute das Sahnehäubc­hen für uns gewesen“, sagte Frenzel.

Mit seinem vierten WM-Titel sowie nun elf Medaillen zog Frenzel an Ronny Ackermann vorbei und ist nun erfolgreic­hster deutscher Winterspor­tler in der Geschichte Nordischer Weltmeiste­rschaften. Rydzek sicherte sich ebenfalls den vierten WM-Titel seiner Karriere. Der 33 Jahre alte Kircheisen, der mit nun zwölf WM-Medaillen die meisten aller Kombiniere­r hat, erreichte die späte Krönung seiner Karriere: Nach acht Silbermeda­illen bei Weltmeiste­rschaften und drei bei Olympische­n Spielen holte er erstmals Gold. „Ich kann es noch nicht glauben, dafür habe ich seit 2002 gekämpft“, sagte er. Als Frenzel, Rydzek und Rießle zusammen mit dem mittlerwei­le zurückgetr­etenen Tino Edelmann bei der WM 2015 in Falun den ersten großen deutschen Team-Titel seit Olympia 1988 holten, war Kircheisen nur Ersatzmann. Rießle meinte: „Endlich haben wir aus Silbereise­n einen Goldeisen gemacht.“

Dass es für ihn in Lahti mit dem ersehnten Triumph klappen würde, war eigentlich schon nach dem Springen gestern Vormittag klar. „Kompliment an alle vier, das waren vier Granaten“, sagte Schanzentr­ainer Ackermann, nachdem seine Jungs 44 Sekunden Vorsprung auf die zweitplatz­ierten Japaner herausgear­beitet hatten. Kircheisen machte daraus in der Loipe über 50 Sekunden und meinte: „Das sollte langen.“In der Tat: Es war eine einzige lange deutsche Ehrenrunde.

Die Rekordjagd in Lahti ist damit längst nicht beendet: Am Mittwoch steht das Einzel auf der Großschanz­e an, zwei Tage später der Teamsprint. Vor allem Rydzek könnte in neue Dimensione­n vordringen: Drei Titel bei einer WM hat bislang nur der Franzose Jason Lamy Chappuis 2013 in Val di Fiemme gewonnen – Rydzek könnte vier gewinnen.

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