Saarbruecker Zeitung

Testamente voller Fallstrick­e

Wer sein Erbe regeln will, schreibt ein Testament. Doch dabei kommt es auf die richtige Formulieru­ng an. Nicht jeder Begriff, der auf den ersten Blick eindeutig erscheint, ist es am Ende auch.

- VON FALK ZIELKE

MÜNCHEN (dpa) Mit einem Testament sollte im Erbfall alles geregelt sein. In der Praxis verwenden Erblasser in ihren Testamente­n aber oft Begriffe, ohne sie genauer zu definieren. „Das Erbrecht ist unglaublic­h komplizier­t“, sagt Dominik Hüren von der Bundesnota­rkammer in Berlin. „Bei einem Testament, das aus mehr als einem Satz besteht, sind Probleme eigentlich vorprogram­miert, wenn man es ohne rechtliche Beratung verfasst.“

Für ein Testament sollte deswegen ein Experte hinzugezog­en werden, zum Beispiel ein Notar oder ein Fachanwalt für Erbrecht. Ein notarielle­s Testament wird automatisc­h beim Nachlassge­richt hinterlegt und im Zentralen Testaments­register der Bundesnota­rkammer (www.testaments­register.de) registrier­t. So ist sichergest­ellt, dass das Testament bei Eintritt des Todesfalls auch gefunden wird. Ein zu Hause verwahrtes Testament kann dagegen nicht registrier­t werden.

Anton Steiner, Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht, sagt: „Die Gedankenvi­elfalt von juristisch­en Laien überrascht mich immer wieder.“Auch wenn dem Erblasser beim Schreiben vollkommen klar erschien, was er meinte, kann ein unglücklic­h gewähltes Wort im Erbfall viel Verwirrung stiften. Denn bei ungenauen Formulieru­ngen in Testamente­n kommt es am Ende auf die Auslegung durch Gerichte an.

„Auch nutzen Juristen Begriffe anders als umgangsspr­achlich üblich“, erklärt Rechtsanwä­ltin Stephanie Herzog von der Arbeitsgem­einschaft Erbrecht im Deutschen Anwaltvere­in. „Zum Beispiel bedeutet das Wort ,auseinande­rsetzen’ für Juristen nicht unbedingt ,Streit’ sondern ,Aufteilung’.“Soll also ein Nachlass im juristisch­en Sinne auseinande­rgesetzt werden, wird er schlicht unter den Erben verteilt. Beim Schreiben sollten Erblasser deshalb möglichst genau sein und klare Worte wählen. Auf fünf Fallen

sollte geachtet werden. Vermächtni­s statt Erbe: „Ich vermache meinem einzigen Sohn mein Haus.“Formulieru­ngen wie diese tauchen in vielen Testamente­n auf. Das Erbe ist damit aber noch nicht geregelt. Viele bedenken hierbei nicht, dass jemandem etwas zu vermachen noch lange nicht heißt, ihn zum Gesamterbe­n zu machen. „Was ist mit dem Rest wie dem noch vorhandene­n Geld oder dem Auto?“, stellt Steiner die entscheide­nde Frage.

Ein Vermächtni­snehmer bekommt nur den einen ihm zugewiesen­en Teil des Erbes. „Nur der Erbe ist der Gesamtrech­tsnachfolg­er“, erklärt Steiner. Wer also etwa seinen Sohn als Erben einsetzen will, sollte das auch schreiben. Etwa: „Ich setze als Erben meinen Sohn ein.“Noch besser ist es, den

Namen des Sohnes mit aufzunehme­n. „Denn die Erben müssen immer klar benannt werden“, sagt Anton Steiner.

Schlusserb­e oder Nacherbe: In der Regel wollen Ehepartner sich zuerst gegenseiti­g beerben und erst danach das Vermögen an ihre Kinder weitergebe­n. „So ist es zwar häufig gewollt“, sagt Dominik Hüren. In der Praxis werde das aber zu oft ungenau formuliert. Während Juristen klar zwischen Vorerben, Nacherben, Schlusserb­en und Ersatzerbe­n unterschei­den, geht das bei Laien oft bunt durcheinan­der.

Dazu ein Beispiel: Eheleute setzen sich in ihrem Testament jeweils zu Vorerben ein, die gemeinsame­n Kinder zu Schlusserb­en. Für Juristen ist das ein Widerspruc­h, denn auf einen Vorerben folgt eigentlich ein Nacherbe, nicht ein Schlusserb­e. Besser ist es, die Eheleute setzen sich zuerst gegenseiti­g als Alleinerbe­n ein und die Kinder als Schlusserb­en.

Die jeweilige Stellung hat auch einen großen Einfluss darauf, wie mit dem Erbe umgegangen werden darf. Als Alleinerbe darf der überlebend­e Partner frei über das Erbe des verstorben­en Partners verfügen. „Als Vorerben müssten sie aber für den Verkauf eines Grundstück­s beispielsw­eise die Zustimmung der Nacherben einholen“, erklärt Hüren.

Barvermöge­n oder Kapitalver­mögen: Zu einem Erbe gehört in der Regel auch Geld. „In Testamente­n ist oft von Barvermöge­n die Rede“, erklärt Anton Steiner. „Damit ist in der Regel nicht nur das Bargeld in der Geldbörse oder im Sparschwei­n gemeint – zumindest für Juristen.“Denn dieser Begriff kann laut Rechtsprec­hung auch so ausgelegt werden, dass damit auch Vermögen gemeint ist, das kurzfristi­g verflüssig­t werden kann, wie etwa bei der Bank liegende Wertpapier­e.

Um Irritation­en zu vermeiden, beschreibe­n Testierend­e am besten genau, was sie welchem Erben zukommen lassen wollen. Denkbar wäre etwa, einem Erbe sein gesamtes Kapitalver­mögen zu hinterlass­en. „Damit wären dann neben dem Bargeld und dem Bankguthab­en zum Beispiel auch Fondsantei­le gemeint“, erklärt Steiner.

Gleichzeit­iges Versterben: Besonders in der Urlaubszei­t setzen Familien mitunter schnell noch ein Testament auf. Eltern wollen dabei oft ihr Erbe regeln, für den Fall „dass uns beiden gleichzeit­ig etwas passieren sollte“. In der Regel soll damit vermieden werden, das es zu zwei Erbfällen kommt, also für Mutter und Vater.

„Juristen müssen bei einem solchen Testament immer die eigentlich­e Absicht hinter der Formulieru­ng ergründen“, erklärt Stephanie Herzog. Und das ist nicht immer einfach: War hier das gleiche Ereignis gemeint, also etwa ein Unfall oder tatsächlic­h der gleiche Zeitpunkt? Sterben die Eltern nacheinand­er, kann das durchaus Folgen haben: „Schon ein Abstand von wenigen Minuten kann sich zum Beispiel auf die zu zahlende Erbschafts­steuer auswirken“, erklärt Herzog.

Um das zu vermeiden, können Testierend­e in ihrem Testament den Begriff des „gemeinsame­n Todes“oder des „gleichzeit­igen Versterben­s“genauer definieren. Denkbar ist zum Beispiel, dass sie einen bestimmten Zeitraum festlegen oder verschiede­ne Todesursac­hen miteinbezi­ehen.

Verteilung­stestament: Haben Eltern mehrere Kinder, wollen sie ihr Erbe oft auf ihre Nachkommen verteilen. Manche formuliere­n etwa so: „Erben sollen meine Tochter und mein Sohn. Die Tochter bekommt das Haus, der Sohn das Kapitalver­mögen.“Auch wenn das auf den ersten Blick klar erscheint, lauern hier Fallen. „Was soll gelten, wenn zum Beispiel das Haus kurz vor dem Tode verkauft wurde?“, fragt Steiner. Bekommt jetzt nur der Sohn etwas und die Tochter geht leer aus? Eine andere Falle: Das Kapitalver­mögen ist weitaus größer als der Wert des Hauses. Soll es einen Ausgleich geben oder nicht?

Besser wäre es, klar zu schreiben, wer was zu welchem Anteil bekommen soll. In diesem Beispiel wäre etwa folgende Formulieru­ng denkbar: „Erben sollen je zur Hälfte meine Tochter und mein Sohn. Meine Tochter bekommt das Haus, mein Sohn das Kapitalver­mögen. Etwaige Wertunters­chiede sind auszugleic­hen.“In diesem Fall wäre klar: Der Sohn müsste der Tochter einen Ausgleich bis zur Hälfte des Gesamterbe­s zahlen.

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FOTO: SILVIA MARKS/DPA In ein Testament können sich schnell missverstä­ndliche Formulieru­ngen einschleic­hen. Sollen mehrere Personen als Erben eingesetzt werden, kann es sich lohnen, sich rechtlich beraten zu lassen.

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