Zwischen Realität und Wahn
In dem Drama „Die Hölle“verdächtigt ein gestresster Ehemann seine Frau der Untreue.
SAARBRÜCKEN (ry) Das Leben könnte so schön sein: Paul (François Cluzet) und Nelly (Emmanuelle Béart) sind frisch verheiratet, ihr Hotel im Süden Frankreichs läuft gut und ihr kleiner Sohn entwickelt sich prächtig. Doch der überarbeitete Paul leidet an stressbedingter Schlaflosigkeit, nimmt Schlaftabletten, fühlt sich beklommen und führt Selbstgespräche. Seine junge Frau Nelly dagegen ist unbekümmert und genießt den Sommer. Ihr kleines Anbandeln mit Männern legt Paul in seiner Eifersucht als Seitensprünge aus und steigert sich zunehmend in die Idee hinein, dass Nelly ihn betrügt.
Paul folgt ihr heimlich und scheint tatsächlich Beweise für seine Einbildungen zu finden. Er ist überzeugt davon, dass sie eine Affäre mit dem Automechaniker Martineau (Marc Lavoine) hat. Bei einer Filmvorführung eines Gastes im Hotel sieht Paul statt der harmlosen Urlaubsbilder, die gezeigt werden, eine laszive Nelly, die mit Martineau anbandelt. Seine Wahnvorstellungen werden mit der Zeit immer schlimmer. Mit Wutausbrüchen vergrault er die Gäste, nur Nelly bleibt noch bei ihm, obwohl er zum prügelnden Ehemann wird. Paul entgleitet zunehmend jegliche Kontrolle über sich selbst. Seine Gedanken werden immer absurder, bis er nicht mehr zwischen Realität und Einbildung unterscheiden kann und seine Wahnvorstellungen zu Mordfantasien werden.
Bereits 1964 sollte die Geschichte von Regisseur Henri-Georges Clouzot mit Romy Schneider und Serge Reggiani verfilmt werden. Doch aufgrund von Krankheitsfällen wurde das Projekt für 30 Jahre auf Eis gelegt – bis sich schließlich 1994 Claude Chabrol (1930-2010) des Stoffes annahm. Der Regisseur, Drehbuchautor, Produzent und Schauspieler war einer der wichtigsten Filmemacher der Nouvelle Vague und ist vor allem für seine Werke über die von ihm mit kritischem Blick betrachtete französische Bourgeoisie bekannt. Bevor er sich dem Film zuwandte, studierte Chabrol Literaturwissenschaften an der Sorbonne. Er war in den 50er-Jahren Filmkritiker bei den „Cahiers du Cinéma“und gründete 1958 seine eigene Produktionsfirma AJYM. Sein erster Film, dem zahlreiche weitere folgten, war „Die Enttäuschten“(1958).
Hauptdarsteller François Cluzet ist in seiner Heimat Frankreich schon lange ein Star, internationale Bekanntheit erlangte er spätestens 2011 mit der Komödie „Ziemlich beste Freunde“. Darin spielt er einen vom Hals ab gelähmten Millionär, der seinen Lebenssinn wiederfindet, nachdem er Driss, einen vorbestraften jungen Mann, kennenlernt, der zu seinem Pfleger und Freund wird.