Saarbruecker Zeitung

Entführer köpfen deutsche Geisel

2008 wurden der Mann und seine Ehefrau schon einmal entführt. Trotzdem gingen sie wieder das Risiko ein. Jetzt sind beide tot.

- VON CHRISTOPH SATOR Produktion dieser Seite: Jörg Wingertsza­hn Iris Neu-Michalik

MANILA (dpa) Islamistis­che Terroriste­n haben auf den Philippine­n einen Deutschen nach mehr als drei Monaten Geiselhaft brutal ermordet. Die Terrorgrup­pe Abu Sayyaf veröffentl­ichte ein Video, das die Enthauptun­g des 70-Jährigen zeigt. Kanzlerin Angela Merkel verurteilt­e die Tat als barbarisch.

MANILA (dpa) Dass er nicht mehr lange am Leben sein wird, muss der Mann geahnt haben. Vielleicht hat er es Mitte Februar auch schon gewusst. Damals zwangen Islamisten der Terrorgrup­pe Abu Sayyaf („Träger des Schwerts“) den deutschen Segler im Dschungel der Philippine­n-Insel Jolo, wo sie ihn schon seit mehr als drei Monaten gefangen hielten, vor die Kamera. Das Video stellten sie dann ins Internet. Der 70-Jährige bat flehentlic­h darum, dass für ihn Lösegeld gezahlt werde. Andernfall­s werde er „am 26. um drei Uhr nachmittag­s“geköpft. Dann brach er in Tränen aus. Als er weiterrede­n konnte, meinte er nur noch: „Ich glaube nicht, dass ich eine Chance habe, hier lebend herauszuko­mmen. Ich bin fertig. Ich habe nichts mehr zu sagen. Es kommt, wie es kommt.“

Die Angst des Mannes, seine Verzweiflu­ng, die Hoffnungsl­osigkeit – all das stellten die Terroriste­n brutal zur Schau. Gestern gab es dann, wie zu befürchten, das nächste Video aus dem Dschungel. Eine Minute und 43 Sekunden lang, noch brutaler. Zu sehen ist, wie einem Mann der Kopf abgeschnit­ten wird. Mehr sollte man darüber nicht berichten. Das Auswärtige Amt bestätigte am Nachmittag die Ermordung der deutschen Geisel.

Die philippini­sche Regierung vermutet, dass die Terroriste­n ihre Drohung nur eine halbe Stunde nach Ablauf des Ultimatums wahr gemacht haben. So hatte es Abu Sayyaf auch in früheren Fällen schon gehandhabt. Die Gruppe wollte von Deutschlan­d 30 Millionen philippini­sche Pesos (rund 570 000 Euro) erpressen. Die philippini­sche Regierung selbst bezahlt in der Regel kein Lösegeld. Der Segler war Anfang November in die Hand der Terroriste­n geraten, als er mit seiner 59-jährigen Lebensgefä­hrtin in den Gewässern vor der Inselgrupp­e Tawi-Tawi unterwegs war. Die Sulusee, zwischen den Philippine­n und Malaysia, gilt wegen der vielen Überfälle unter Seglern als eine der gefährlich­sten Regionen der Welt. Das Auswärtige Amt rät seit langem „dringend“davon ab, dort hinzufahre­n.

Das Paar ließ sich davon aber nicht abbringen. Die Frau überlebte den Überfall nicht. Sie wurde – vermutlich als sie sich wehren wollte – von den Piraten erschossen. Ihre Leiche wurde auf der verlassene­n Jacht, der „Rockall“, entdeckt. Der Skipper selbst wurde nach Jolo verschlepp­t, die Hochburg der Terroriste­n, die schon seit den 1960er Jahren für die Autonomie von der Zentralreg­ierung in Manila kämpfen.

Der 70-Jährige und seine Lebensgefä­hrtin waren schon seit vielen Jahren zusammen auf den Weltmeeren unterwegs. Welches Risiko sie eingingen, wussten sie. Im Juni 2008 wurden sie schon einmal entführt, damals vor der Küste Somalias. Erst nach 52 Tagen kamen die beiden frei. Angeblich wurden damals 600 000 USDollar Lösegeld gezahlt. Eine offizielle Bestätigun­g dafür gab es allerdings nie.

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Ein Foto aus dem Jahr 2009 von Jürgen Kantner.

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