Deutschland einig Hotspot-Land
Die Bundesregierung will nun doch offene WLan-Zugänge zulassen – zügig und ohne Passwort-Stress.
BERLIN Unendliche Geschichte, finaler Akt? Das Bundeswirtschaftsministerium unternimmt gerade einen neuen Versuch, wirklich frei zugängliche Internet-Hotspots überall in Deutschland möglich zu machen. Peinlich dabei: Es ist die Nachbesserung eines erst im Sommer nach langem Hin und Her verabschiedeten Gesetzes.
Die Opposition hatte stets darauf hingewiesen: Die im Juli vergangenen Jahres in Kraft getretenen Bestimmungen wiesen entscheidende Lücken auf. Die Koalition hatte zwar Schadensersatzklagen von einschlägig tätigen Anwaltsbüros unmöglich gemacht, die jeden verfolgen, von dessen Anschluss aus illegal ein Musikstück oder einen Film heruntergeladen wird. Die teils horrenden Forderungen waren mit dafür verantwortlich, dass in Deutschland anders als in vielen anderen Staaten offene Netze nur selten oder nur mit komplizierten Passwortprozeduren angeboten wurden.
Doch endgültige Klarheit schuf die Reform nicht: Im Herbst urteilte der Europäische Gerichtshof gegen einen Münchener Freifunker. Es bestätigte zwar, dass es keine Schadenersatz-Pflicht gebe. Aber die Abmahn- und Gerichtskosten müsse der Mann tragen. Außerdem könne ihm eine Passwort-Pflicht auferlegt werden.
Jetzt hat das Ministerium von Brigitte Zypries (SPD) einen neuen Referentenentwurf an Länder und Verbände verschickt. Schon im März könnte das Kabinett ihn beschließen – wenn alle Ressorts zustimmen. Überall könnten ab Sommer dann Hotspots entstehen, in Schulen, Bibliotheken und Bürgerämtern genauso wie auf Flughäfen, in Geschäften und natürlich Lokalen. Die beiden wichtigsten Mängel des ersten Gesetzes sind in dem Entwurf korrigiert: Alle WLan-Anbieter sind von Gerichtskosten befreit, wenn Gäste diesen Zugang missbrauchen. Die Geschädigten, meist Musik- oder Filmanbieter, müssen sich direkt an den Verursacher wenden. Zudem soll es künftig keinen Zwang zu Passwortsperren geben. Allerdings sollen WLan-Betreiber angewiesen werden können, den Zugriff auf bestimmte Internetangebote zu sperren, die wiederholt illegal heruntergeladen wurden. Erste Reaktionen fielen gestern positiv aus. Und auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Wegfall der Störerhaftung schon mehrfach energisch angemahnt.