Börsen-Hochzeit droht zu platzen
Die London Stock Exchange will EU-Auflagen für die Fusion mit der Deutschen Börse nicht erfüllen.
FRANKFURT/LONDON (dpa) Die geplante Fusion der Börsen in Frankfurt und London steht zum dritten Mal nach 2000 und 2005 vor dem Scheitern. Die London Stock Exchange (LSE) weigert sich, die neueste Vorgabe der EUWettbewerbshüter zu erfüllen und ihren Mehrheitsanteil an der italienischen Anleihen-Handelsplattform MTS zu verkaufen. Darum glaubt die LSE selbst nicht mehr an die Zustimmung aus Brüssel zu dem Zusammenschluss, wie der Konzern mitteilte: „Angesichts der bisherigen Haltung der Kommission geht die London Stock Exchange Group nicht davon aus, dass die Kommission die Fusion genehmigen wird.“
Deutsche Börse und LSE wollen den größten europäischen Börsenbetreiber formen. Brüssel hatte Ende September eine Prüfung des Milliardenvorhabens eingeleitet. Die EU-Behörde hatte unter anderem die Sorge, dass durch die Zusammenlegung der beiden Unternehmen etwa bei Anleihegeschäften der Wettbewerb ausgeschaltet werden könnte.
Die LSE begründete ihre ablehnende Haltung zu einem Verkauf ihrer Italien-Tochter in erster Linie mit einem drohenden Vertrauensverlust gegenüber italienischen Aufsichtsbehörden. MTS spiele eine wichtige Rolle beim Handel mit italienischen Staatsanleihen, führte die LSE aus: „Auch wenn MTS selbst nicht in großem Maße zum Konzernumsatz beiträgt, so kommt aus dem gesamten Italien-Geschäft ein bedeutender Teil von Umsatz und Gewinn der LSE-Gruppe.“Zudem rechnet die LSE mit einem komplizierten Verkaufsverfahren, in das auch Behörden in Großbritannien, Belgien, Frankreich und den USA einzubinden wären.
Die Deutsche Börse teilte lediglich mit: „Die Parteien sehen der weiteren Prüfung der Europäischen Kommission entgegen.“Eine Entscheidung werde bis Ende März erwartet. Die EU-Kommission erklärte, sich nicht zu laufenden Untersuchungen zu äußern. Fristende für das Prüfverfahren sei nach wie vor der 3. April. Den Fusionspartnern rennt ohnehin die Zeit davon. „Diese Transaktion muss zum 30. Juni geschlossen sein, sonst verfällt sie“, hatte Deutsche-Börse-Chef Carsten Kengeter Mitte Februar erinnert. Doch in den vergangenen Wochen und Monaten wurden die Zweifel immer größer: Neben der EUKommission muss auch die hessische Börsenaufsicht dem Deal zustimmen. Für Kritik sorgt am Finanzplatz Frankfurt vor allem, dass die beiden Konzerne London als rechtlichen Sitz der Dachgesellschaft vereinbart haben. Bei einem EU-Austritt der Briten (Brexit) wäre dieser dann außerhalb der EU.
Überschattet wird das Fusionsvorhaben zudem von Ermittlungen gegen Deutsche-Börse-Chef Kengeter wegen des Verdachts auf Insiderhandel. Er wies die Vorwürfe zurück, der Aufsichtsrat stellte sich geschlossen hinter den Manager.