Saarbruecker Zeitung

AKK – Studenten suchen Krawall

Die Studenteng­ruppe „Arbeitskre­is Krawall“an der Universitä­t des Saarlandes will das politische Bewusstsei­n auf dem Campus stärken. Hauptangri­ffsziel sind die Sparlasten der Hochschule. Aber den Studenten geht es um mehr.

- VON CHRISTIAN LEISTENSCH­NEIDER Arbeitskre­is Krawall

SAARBRÜCKE­N Wer derzeit über den Campus der Saar-Uni läuft, dem fallen die vielen Plakate mit Slogans auf. „Deine Bib hat zu“– „Dein Tutorium wurde gekürzt“– „Keine Auswahl an Kursen“– „Keine Masterplät­ze mehr“steht da. Dazu Pfeile in kräftigen Farben. Ihre Richtung: abwärts.

Hinter der Plakat-Aktion steckt eine Gruppe von Studenten. Sie nennen sich AKK – Arbeitskre­is Krawall. Ihr Ziel: mehr politische­s Bewusstsei­n und eine neue Protestkul­tur unter den Studenten der Saar-Uni zu etablieren. Ihr Angriffspu­nkt: die Sparlast, die der Hochschule von der Landesregi­erung unter Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) auferlegt wurde.

„Jeden Tag muss die UdS 63 926 Euro sparen. Davon könnte man 1278 Lehraufträ­ge pro Tag finanziere­n“, prangt auf einem großen Banner des AKK an der Bushaltest­elle vor dem Campus Center. Die Zahl beruht auf einer Schätzung aus dem Jahr 2014, wonach die Hochschule bis 2020 etwa 140 Millionen Euro einsparen müsste. Aktuell geht die Uni eher von einer Sparlast von etwa 65 Millionen Euro zwischen 2015 und 2020 aus, so Pressespre­cher Thorsten Mohr.

Die Aufregung unter den Studenten der Saar-Uni war ob dieser gewaltigen Summen groß, doch das ist zwei Jahre her. „Die Proteste der Studierend­en gegen die Sparmaßnah­men sind erlahmt“, sagt Janosch Rudack. Der Musikmanag­ement-Student ist einer der Initiatore­n des Arbeitskre­ises. Mit ihrer Plakat-Aktion wollen sie die Protesthal­tung wiederbele­ben und die Studenten zum Nachdenken anregen.

„Daraus soll eine neue Debattenku­ltur entstehen“, sagt Rudack. „Auf dem Campus wird zwar diskutiert, aber nicht viele beteiligen sich daran.“Dem pflichtet Soheil Hemmati-Ortakand bei, der beim Allgemeine­n Studierend­enausschus­s (Asta) für politische Bildung zuständig ist und den Arbeitskre­is Krawall mit ins Leben gerufen hat. Hemmati-Ortakand kommt aus Frankfurt, einer Hochburg der Studentenp­roteste in den 60er Jahren. Noch heute sei die dortige Uni eine linke Hochschule, an der es eine Vielzahl kritischer Arbeitsgru­ppen gebe. Allerdings: „Saarbrücke­n ist nicht Frankfurt.“

Damit sich das zumindest ansatzweis­e ändert, soll es eine Informatio­nsoffensiv­e geben. Die Plakate waren ein Anfang. Sie wurden gemeinsam mit Studenten der Hochschule der Bildenden Künste entworfen und seien bewusst suggestiv, so Rudack. In Zukunft soll es nicht nur um einzelne Beschwerde­n, sondern um allgemeine Fragen gehen. „Das betrifft vor allem den Bildungsbe­griff“, sagt Hemmati-Ortakand. „Sagen wir, es ist akzeptabel, an der Bildung so zu sparen – oder begreifen wir Bildung jenseits wirtschaft­licher Kriterien?“„In Talkshows sagen immer alle, wie wichtig Bildung ist. Aber konkret interessie­rt sich kaum jemand für die

Janosch Rudack Inhalte und für die Belange der Studierend­en“, ergänzt Rudack.

Um Fragen wie diese zu diskutiere­n, steht der Arbeitskre­is jedem offen. Studenten und Mitarbeite­r der Saar-Uni sind ausdrückli­ch eingeladen, sich bei den wöchentlic­hen Sitzungen des Arbeistkre­ises einzubring­en. Die Internetse­ite https://waswuerdes­tdutun.wordpress.com soll als Informatio­nsplattfor­m dienen.

Ob die Initiatore­n damit Aussicht auf Erfolg haben? Vielfach wird heutigen Studenten schließlic­h vorgeworfe­n, sie seien unpolitisc­h und würden sich nur für ihr eigenes Fortkommen interessie­ren. „Da ist leider was dran“, sagt Janosch Rudack. „Es ist zwar legitim, sich für seine Karriere einzusetze­n. Trotzdem sollten die Studierend­en auch darüber nachdenken, welche Verantwort­ung sie zu gesellscha­ftlich-politische­m Engagement haben.“

Dass das dringend nötig ist, zeigt sich aus Sicht der Studenten auch im aktuellen Wahlkampf zur Landtagswa­hl. Der sei enttäusche­nd, so Asta-Vorsitzend­er Govinda Sicheneder, der die Ziele des Arbeitskre­ises unterstütz­t. „Hochschulp­olitik ist im Wahlkampf kein zentrales Thema“, beklagt er.

Aber hat die Ministerpr­äsidentin nicht vor Kurzem neue Mittel für die Uni in Aussicht gestellt? Rudack beeindruck­t das wenig. „Das ist eine Mogelpacku­ng. Erst werden riesige Sparleistu­ngen verordnet, dann werden öffentlich­keitswirks­am Gelder in Aussicht gestellt.“Diese seien allenfalls ein Tropfen auf dem heißen Stein, zumal die zusätzlich­en Mittel nicht von der Sparlast abgezogen würden.

„Die Proteste der Studierend­en gegen die Sparmaßnah­men

sind erlahmt.“

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FOTO: IRIS MAURER Mit einer Plakat-Aktion wollen Soheil Hemmati-Ortakand (links) und Janosch Rudack vom Arbeitskre­is Krawall auf Missstände an der Saar-Universitä­t aufmerksam machen, die durch die vom Land auferlegte Sparlast entstanden sind.

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