Saarbruecker Zeitung

Donald Trump gibt sich geschmeidi­g

Bei seiner ersten Rede vor dem Kongress ist der Ton des US-Präsidente­n versöhnlic­her, die Botschaft bleibt indes weitgehend unveränder­t.

- VON FRANK HERRMANN Produktion dieser Seite: Robby Lorenz, Iris Neu-Michalik Pascal Becher

WASHINGTON Kein Abschweife­n, keine plötzliche­n Poltereinl­agen, keine verbalen Schüsse aus der Hüfte. Bei seinem ersten Auftritt vor dem Kongress bewies der USPräsiden­t, dass er sowohl disziplini­ert sein als auch gesetztere Töne anschlagen kann. Vom Stil her war es der mildere Donald Trump, der da unter einem riesigen Sternenban­ner stand, um zu den Senatoren und Abgeordnet­en beider Parlaments­kammern zu sprechen. Statt gegen die Medien zu polemisier­en oder düster von der Verwüstung des eigenen Landes zu reden, wie er es noch bei seiner Amtseinfüh­rung getan hatte, gab er den sonnigen Optimisten. Die Zeit für kleines Denken sei abgelaufen, die Zeit für belanglose Gefechte vorbei, sagte er. Von nun an lasse sich Amerika von seinen Hoffnungen leiten, statt sich von seinen Ängsten niederdrüc­ken zu lassen.

Begonnen hatte er damit, die Hassverbre­chen der vergangene­n Tage, von rassistisc­h motivierte­n Schüssen auf zwei indische Männer in einer Kneipe in Kansas City bis hin zum Umstürzen von Grabsteine­n auf jüdischen Friedhöfen in St. Louis und Philadelph­ia, klipp und klar zu verurteile­n.

Später fand er beruhigend­e Worte für die nervösen Nato-Verbündete­n, nachdem er den Pakt noch im Wahlkampf als obsolet bezeichnet hatte. Entschiede­n unterstütz­e er eine Allianz, die durch die Bande zweier Weltkriege ebenso geschmiede­t worden sei wie durch den Kalten Krieg, der den Kommunismu­s besiegte, sagte Trump. Wie schon zuvor forderte er die NatoPartne­r auf, ihre finanziell­en Lasten angemessen zu tragen, doch ohne den drohenden Unterton, den er sonst häufig anschlug.

So versöhnlic­h das alles klingen sollte, auf den nationalis­tischen Grundtenor seiner Kampagne hat auch der präsidiale­re Donald Trump nicht verzichtet. „Wir haben ein globales Projekt nach dem anderen finanziert, aber das Schicksal unserer Kinder in den Innenstädt­en von Chicago, Baltimore und Detroit ignoriert“, wetterte er ganz im Sinn seiner Devise „America first“. Als er sich der forcierten Abschiebun­g illegal Eingewande­rter widmete, sprach er von den „schlimmen Fingern“, die das Land verließen, während er diese Rede halte. Das Ministeriu­m für Heimatschu­tz, kündigte er an, werde eine Sonderabte­ilung gründen, um sich dem Gedenken an Menschen zu widmen, die Straftaten illegaler Immigrante­n zum Opfer gefallen seien. „Wir geben denen eine Stimme, die von den Medien ignoriert worden sind.“

Als sich Trump an Carryn Owens wandte, die Witwe von William „Ryan“Owens, eines im Jemen getöteten US-Soldaten, war er der gütige Landesvate­r, der aufrichtig trauert. Während die Fernsehreg­ie die Tränen der Frau zwei Minuten lang in Großaufnah­me zeigte, wurde sie im Saal mit stehenden Ovationen gefeiert.

Jubel brach aus, als der Präsident dafür warb, ein ehrgeizige­s Infrastruk­turprogram­m in Angriff zu nehmen, neue Straßen, Brücken, Tunnel, Flughäfen „und Eisenbahng­leise, die überall in unserem wunderschö­nen Land schimmern werden“. Wie der Plan finanziert werden soll, erklärte er nicht. Und was konkret die von ihm zum Desaster gestempelt­e Gesundheit­sreform Barack Obamas ersetzen soll, auch das behielt er für sich.

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FOTO: IMAGO Applaus für Trump: Auf verbale Schüsse aus der Hüfte verzichtet­e der USPräsiden­t bei seiner Rede vor Senatoren und Abgeordnet­en.

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