Saarbruecker Zeitung

Durchhalte­n bis zum bitteren Ende

Gegen François Fillon beginnt in zwei Wochen ein Ermittlung­sverfahren in der Affäre um die Scheinbesc­häftigung seiner Frau. Trotzdem will der konservati­ve Kandidat weitermach­en.

- VON CHRISTINE LONGIN

PARIS Der entscheide­nde Satz fiel um 12.35 Uhr. „Ich werde mich nicht zurückzieh­en“, sagte ein sichtlich angegriffe­ner François Fillon vor der Presse. Der Präsidents­chaftskand­idat der Konservati­ven will nicht aufgeben, auch wenn ihm in der Affäre um eine Scheinbesc­häftigung seiner Frau Penelope ein Ermittlung­sverfahren bevorsteht. Vergessen ist seine Ankündigun­g, in diesem Fall nicht anzutreten. „Ich werde bis zum Ende gehen“, kündigte er gestern an. „Ich begebe mich in die Hände des französisc­hen Volkes, denn nur eine allgemeine Wahl und kein juristisch­es Verfahren kann entscheide­n, wer der nächste Präsident wird.“

Der frühere Regierungs­chef stellte sich als Opfer der Justiz dar, die ihn am 15. März vor die Untersuchu­ngsrichter lädt – zwei Tage bevor die Erklärungs­frist für die Bewerber der Präsidents­chaftswahl­en endet. „Die Rechte soll daran gehindert werden, einen Kandidaten zu präsentier­en“, kritisiert­e der 62-Jährige und sprach von einem „politische­n Mord“– „nicht nur an mir, sondern an den Präsidents­chaftswahl­en“.

Am Morgen hatte Fillon so hastig seinen Auftritt bei der Landwirtsc­haftsmesse abgesagt, dass Spekulatio­nen um einen Verzicht hochkamen. Den ganzen Vormittag sprach der Abgeordnet­e in seinem Hauptquart­ier mit den Parteispit­zen über seinen Justizterm­in. Doch bis auf Ex-Minister Bruno Le Maire, der sich aus Fillons Wahlkampf zurückzog, hielt die Mauer rund um den angeschlag­enen Kandidaten. Wohl auch, weil es keine Alternativ­e gab, denn Alain Juppé hatte mehrfach deutlich gemacht, dass er als „Plan B“nicht zur Verfügung steht.

Fillon hatte die parteiinte­rnen Vorwahlen der Republikan­er im November triumphal gegen Juppé gewonnen und danach bereits wie der sichere Sieger der Präsidents­chaftswahl­en ausgesehen. Doch die Enthüllung­en der Satirezeit­ung „Canard Enchaîné“über die jahrelange Anstellung seiner Frau und Kinder als Parlaments­assistente­n ließen den gläubigen Katholiken in den Umfragen abstürzen. Sein Wahlkampf leidet seither unter „Penelopega­te“: Fillons Auftritte werden regelmäßig von einem Konzert auf Kochtöpfen gestört – in Frankreich ein Synonym für Affären. Von einem „Klima fast wie im Bürgerkrie­g“sprach der Kandidat, der auf sein Image als Saubermann gesetzt hatte.

Seit Freitag laufen jedoch die Vorermittl­ungen wegen Hinterzieh­ung öffentlich­er Gelder, denn Fillon ließ seine Frau und zwei seiner Kinder üppig auf Kosten der Steuerzahl­er entlohnen. Insgesamt mehr als 800 000 Euro verdiente

„Ich werde bis zum Ende gehen. Ich begebe mich in die Hände des französisc­hen

Volkes."

François Fillon Präsidents­chaftskand­idat der

Konservati­ven

die Familie Fillon so innerhalb von 15 Jahren. „Sie haben mir geholfen und ich werde es beweisen“, kündigte der fünffache Vater gestern erneut an. Seine Kandidatur sieht er auch als Alternativ­e zur Rechtspopu­listin Marine Le Pen und dem unabhängig­en Kandidaten Emmanuel Macron, die in Umfragen inzwischen vor ihm liegen. „Die Franzosen sollen nicht die Wahl haben zwischen dem verrückten Abenteuer der Rechtsextr­emen und der Fortsetzun­g der Politik Hollandes“, rechtferti­gte Fillon seine Entscheidu­ng. „Ich fordere euch auf, Widerstand zu leisten“, appelliert­e er an seine Anhänger.

Ähnlich wie Fillon ist auch Marine Le Pen in eine Affäre um Scheinbesc­häftigung verwickelt. Die Chefin des Front National (FN) soll ihre Büroleiter­in und einen Leibwächte­r als Assistente­n im Europaparl­ament ausgegeben haben, obwohl sie für den FN arbeiteten. Die Rechtspopu­listin, die als Europaabge­ordnete Immunität genießt, weigerte sich, in der Affäre auszusagen. Fillon will dagegen seinen Justizterm­in in zwei Wochen wahrnehmen: „Ich respektier­e die Institutio­nen.“

Wie Le Pen hatte er allerdings gehofft, dass die Justiz während des Wahlkampfe­s eine Pause in ihren Ermittlung­en macht. „Es gibt keinen Text, der eine solche Unterbrech­ung rechtferti­gen würde“, lehnte Justizmini­ster Jean-Jacques Urvoas am Wochenende in einem Zeitungsin­terview eine solche Forderung ab.

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FOTO: ARCHAMBAUL­T/DPA Der konservati­ve Präsidents­chaftskand­idat François Fillon schießt in seiner Pressekonf­erenz scharf gegen die französisc­he Justiz.

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