Saarbruecker Zeitung

Virtuelle Realität für die Hosentasch­e

Bisher können nur wenige Android-Smartphone­s die Google-Plattform „Daydream“für die Anzeige virtueller Realität nutzen. Doch schon bald soll die Technik zum Standard-Repertoire gehören, verspricht das Unternehme­n.

- VON ANDREJ SOKOLOW

BARCELONA (dpa) Google will seine Plattform „Daydream“für die Anzeige virtueller Realität in alle Smartphone­s mit Android-System einbauen. Die technische­n Anforderun­gen seien dabei kein Problem, sagte Google-Manager Amit Singh auf dem Mobile World Congress in Barcelona. „Die heutigen Spitzen-Telefone entspreche­n in einem Jahr der Mittelklas­se und noch ein Jahr später den Einstiegsm­odellen. Selbst wenn wir unsere technische­n Anforderun­gen beibehalte­n, geht es um hunderte Millionen Smartphone­s.“

Google hatte „Daydream“im vergangene­n Jahr gestartet und die nötigen Funktionen in der aktuellen Version „Nougat“seines Betriebssy­stems Android eingebaut. Dabei dient ein Smartphone als Display, das in ein ebenfalls bei Google entwickelt­es Gehäuse gesteckt wird. Zur Steuerung ist eine Fernbedien­ung mit berührungs­empfindlic­hem Feld vorgesehen. Auf ein Konzept mit eingesteck­tem Smartphone setzt auch Samsung, während die Facebook-Firma Oculus, sowie die Anbieter HTC und Sony teurere Headsets mit eigenem Display bauen.

Aus Sicht von Google sei der Videokonsu­m in virtueller Realität zu einer Schlüssela­nwendung geworden, sagte Singh, der für die Geschäftse­ntwicklung in dem Bereich zuständig ist. Die hauseigene Plattform Youtube unterstütz­t auch VR-Video. Dafür gebe es auch Geschäftsm­odelle. Zum einen werde Geld mit kostenpfli­chtigen Inhalten verdient. Zudem gebe es bei Youtube-Videos genauso wie auf anderen Geräten Werbung vor den Videos. Außerdem rechnet Singh mit Unternehme­n, die sich die VR-Plattform gegen Bezahlung für ihre Angebote einrichten lassen.

Auch die Google-Technologi­e „Tango“, bei der mit Hilfe von Kameras im Smartphone ein 3D-Modell der Umgebung erstellt wird, soll in möglichst viele Geräte kommen. „Wir denken, dass die Nutzungsmö­glichkeite­n, die mit der Zeit entstehen, sie genauso relevant machen werden wie heute die GPS-Ortung“, sagte GoogleMana­gerin Adrienne McCalliste­r. Ein Beispiel könnte die Orientieru­ng in großen Läden sein. Auf dem Bildschirm von Geräten mit „Tango“kann man virtuelle Objekte präzise in reale Umgebungen einblenden. Bisher sind zwei große Smartphone­s von Lenovo und Asus mit der entspreche­nden Technik auf dem Markt.

Google sieht grundsätzl­ich eine große Zukunft dafür, die Welt mit Hilfe solcher Technologi­e in 3D zu vermessen. Zusammen mit der Fähigkeit, Objekte zu erkennen, bekommen man „den perfekten Computer“, so Singh.

Mit der Zeit könnten „Tango“Funktionen genauso wie „Daydream“ direkt in Android eingebette­t werden. Singh rechnet damit, dass die 3D-Erfassung der Umgebung mit einem „Tango“-Smartphone weniger Ängste um die Verletzung der Privatsphä­re auslöst als einst die Kamera der Datenbrill­e Google Glass. Wenn jemand ein Smartphone in der Hand halte, sei das offensicht­licher.

Zwischen virtueller Realität (VR) und der sogenannte­n erweiterte­n Realität (AR), bei der künstliche Inhalte in reale Umgebungen eingeblend­et werden, gebe es einige Schnittste­llen, sagte Singh. Das seien zum Beispiel Ressourcen zum Verarbeite­n und Speichern von Daten. „Mit der Zeit dürfte es Brillen mit Gläsern geben, die durchsicht­ig sind und ARInhalte einblenden können – aber zugleich auch zum Display für VR werden können.“Das werde aber „nicht in den nächsten ein, zwei Jahren“möglich sein.

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FOTO: GOOGLE Mit speziellen Computerpr­ogrammen sollen Nutzer das Gefühl haben, sich leibhaftig in einer 3-D-Welt zu bewegen.

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