Saarbruecker Zeitung

Der Spaßvogel ist erwachsen geworden

SERIE SAARLÄNDER IM PROFIFUSSB­ALL, TEIL 5 Calogero Rizzuto hat sich in der 2. Bundesliga etabliert. Der Sprung gelang ihm allerdings nicht in Kaiserslau­tern, sondern in Aue.

- VON TOBIAS FUCHS

SAARBRÜCKE­N „Rizzi“– so heißt Calogero Rizzuto bei Erzgebirge Aue. Selbst die örtlichen Zeitungen verwenden diese Kurzform, wenn sie über den Fußball-Profi berichten. Anders im Saarland: Hier kennen Rizzuto alle als „Lillo“. Dass der Saarbrücke­r nun einen weiteren Spitznamen trägt, spricht für zweierlei: einen klangvolle­n Vornamen, den auch im Erzgebirge nur die wenigsten unfallfrei ausspreche­n können. Und für das Talent, überall schnell Anschluss zu finden. Egal, wen man nach Calogero Rizzuto fragt: Jeder erinnert sich gern an ihn. Trotzdem wäre er beinahe in Vergessenh­eit geraten.

Vor zwei Jahren schien es, als ob

Calogero Rizzuto der heute 25-Jährige sportlich den Anschluss verlieren würde. Für den 1. FC Kaiserslau­tern machte Rizzuto annähernd 100 Spiele – für die U23 in der Regionalli­ga Südwest. Kein einziges für die Profis. 2015 lief sein Vertrag bei den Pfälzern aus. Schließlic­h entschied er sich für einen Wechsel in die 3. Liga – nach Aue. Aus Lillo wurde Rizzi. Mit seinem neuen Verein glückte Rizzuto auf Anhieb der Aufstieg in die 2. Bundesliga – als Stammspiel­er. Diesen Status hat der Rechtsvert­eidiger auch in der laufenden Saison, wenngleich diese nicht sonderlich gut verläuft. Sein Trainer Pavel Dotchev hat gerade seinen Rücktritt eingereich­t, und der Verein hat ihn angenommen. Turbulente Zeiten also beim Liga-Schlusslic­ht.

Kurios: Als Jugendspie­ler des SV Schafbrück­e musste Rizzuto nachhelfen, um vom größeren 1. FC Saarbrücke­n entdeckt zu werden. „Ich hatte in Schafbrück­e einige Freunde, die zum FCS gewechselt sind. Da wollte ich es auch versuchen“, erzählt er. Vater Salvatore sagte: „Mehr als Nein können sie auch nicht sagen.“

Mit 15 Jahren kam er für die Blau-Schwarzen zu ersten Einsätzen in der Junioren-Bundesliga. Einer seiner älteren Mitspieler war der heutige Gladbacher Patrick Herrmann. Die Talente aus Saarbrücke­n stiegen ab, fielen aber auf. „Es gab einige Interessen­ten, fünf, sechs Vereine, die mich haben wollten“, erinnert sich Rizzuto. Doch er wollte nicht zu weit weg von seinem Umfeld, von Familie und Freunden. Also entschied er sich für Kaiserslau­tern.

Nach der Schule hastete Rizzuto zum Saarbrücke­r Hauptbahnh­of. Nachmittag­s um 16.30 Uhr fuhr sein Zug zum Training. „Das war sehr anstrengen­d“, erzählt Rizzuto heute. Der Wechsel nach Kaiserslau­tern verlangte ihm noch mehr ab: „In Saarbrücke­n war ich der Spaßvogel, kannte jeden.“Dagegen erschien in der Pfalz alles neu, größer, auch ernsthafte­r, weil der Profi-Fußball nun greifbar wurde. Schließlic­h zog Rizzuto nach Kaiserslau­tern um, ins Internat. Denn: „Ich habe das Privileg zu schätzen gewusst, bei so einem Verein zu spielen.“

Es ist vor allem das letzte Jahr bei den Junioren, das ihm in Erinnerung geblieben ist: 2011 erreichte Rizzuto mit Lauterns U19 das Endspiel um die deutsche Meistersch­aft. „Da ist einem bewusst geworden, dass es im Fußball höhere Aufgaben gibt“, sagt Rizzuto. Der Saarländer stand in der Endrunde immer auf dem Platz, nur im verlorenen Finale gegen den VfL Wolfsburg (2:4) musste er zwangsweis­e zuschauen.

„Der Lillo war relativ jung und unbekümmer­t, als er zu uns kam“, erzählt Gunther Metz, früher Profi in Lautern und beim Karlsruher SC. Metz trainiert seit etlichen Jahren die U19 der Roten Teufel. An Rizzuto erinnert er sich genau. Plastisch beschreibt Metz, wie sich das Talent im letzten Moment des Abschlusst­rainings vor dem Meistersch­afts-Finale in Wolfsburg verletzte. „Für uns war das ein ganz herber Verlust“, sagt der Trainer: „Wir hätten den Lillo dringend gebraucht.“

Dabei waren die Junioren des

„Ich habe das Privileg zu schätzen gewusst, bei so einem Verein

zu spielen.“

FCK in der Defensive prominent besetzt: Willi Orban stellt mittlerwei­le mit RB Leipzig die Bundesliga auf den Kopf, Dominique Heintz glänzt als Mitspieler von Jonas Hector beim Erstliga-Konkurrent­en 1. FC Köln. Jean Zimmer wechselte vor dieser Saison zum Bundesliga-Absteiger VfB Stuttgart. Das waren seine Partner in der Viererkett­e. Und Rizzuto? Der hat es in Aue doch noch zum Profi geschafft. Fragt man Metz, sagt der Jugendtrai­ner: „Das überrascht mich nicht.“Rizzuto bringe unheimlich viel mit, so dass sein Weg „irgendwie vorgezeich­net“gewesen sei. Doch in Kaiserslau­tern schien sich diese Perspektiv­e zu verlieren – nach vier Jahren bei den Amateuren. Also ging er ins Erzgebirge, mit einem klaren Ziel: „Ich wollte ein gestandene­r Drittligas­pieler werden.“

Nach nicht einmal einem halben Jahr verlängert­e Aue den Vertrag des Saarländer­s. Aus zwei sollten nun vier Jahre werden, im Fußball eine Ewigkeit. Erst recht bei einem Verein, der gerade abgestiege­n war. Am Ende der Saison stand für Aue die Rückkehr in die 2. Bundesliga – für Rizzuto der zweite Aufstieg in Folge. Schließlic­h hatte er in Kaiserslau­tern nur in der 4. Liga gespielt.

Auch in der 2. Liga ist Rizzuto aus der Mannschaft nicht wegzudenke­n. „Mit der Spielpraxi­s entwickelt man sich, bekommt Ruhe und Ausstrahlu­ng“, sagt er selbst. Das deckt sich in etwa mit dem, was sein ehemaliger Jugendtrai­ner Gunther Metz meint: „Für Lillo ist es wichtig, eine gewisse Konstanz in sein Spiel zu bringen.“Mit zunehmende­r Zeit könne Rizzuto ein sehr guter Zweitligas­pieler werden, sofern seine Mannschaft nicht wieder absteigt. Klingt so, als ob man sich einen seiner Namen merken sollte – egal welchen.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Beim Zweitligis­ten Erzgebirge Aue ist Calogero Rizzuto gesetzt. Sportlich läuft es allerdings gerade nicht besonders gut – Aue ist Letzter.
FOTO: IMAGO Beim Zweitligis­ten Erzgebirge Aue ist Calogero Rizzuto gesetzt. Sportlich läuft es allerdings gerade nicht besonders gut – Aue ist Letzter.

Newspapers in German

Newspapers from Germany