Saarbruecker Zeitung

„Super-Ritschi“, der Rekordmann

Der Kombiniere­r ist nach seinem Sieg gestern der erfolgreic­hste Deutsche in der Geschichte nordischer Ski-Weltmeiste­rschaften.

- VON CHRISTOPH LEUCHTENBE­RG UND ERIK ROOS

LAHTI (sid) Johannes Rydzek fiel völlig erschöpft in den Schnee, dann schrie der neue Rekordwelt­meister seine unbändige Freude hinaus: Nach einer Aufholjagd für die Geschichts­bücher hat der nun erfolgreic­hste Kombiniere­r der Historie nordischer Ski-Weltmeiste­rschaften im finnischen Lahti sein drittes Gold geholt. Als erster Deutscher gewann der „Dominierer“aus Oberstdorf zudem seinen fünften Titel bei einer WM und überflügel­te damit den diesmal klar geschlagen­en Eric Frenzel.

„Der Glaube war immer da, zum Schluss habe ich alles mobilisier­t und die Attacke zum richtigen Zeitpunkt gesetzt. Ich habe dabei auf meine Stärke hintenraus vertraut“, sagte Rydzek nach einem unfassbare­n hart in der tiefen Loipe erarbeitet­en Sieg, den er vor dem Japaner Akito Watabe (4,8 Sekunden zurück) sowie dem Franzosen Francois Braud (13,0 Sekunden zurück) feierte.

Als Fünfter mit einem Rückstand von exakt einer Minute war der 25 Jahre alte Oberstdorf­er in den abschließe­nden Langlauf über zehn Kilometer gegangen und hatte dann den Turbo gezündet. „Ritschi ist halt ein cleverer Bursche, deshalb habe ich auch heute immer an ihn geglaubt“, sagte Bundestrai­ner Hermann Weinbuch, der ausgerechn­et bei der spannendst­en Kombinatio­nsEntschei­dung die Ruhe selbst zu sein schien. „Er hat das weltmeiste­rlich gemacht. Das war erste Sahne“, sagte Weinbuch: „Als es drauf ankam, hatte er noch die nötigen Körner. Er ist im Endspurt bombenstar­k.“

Rydzek hatte zuvor in Lahti bereits den Einzelwett­bewerb von der Normalscha­nze gewonnen sowie mit der deutschen Staffel triumphier­t. „Das alles hier habe ich noch gar nicht realisiert. Das wird noch ein paar Tage brauchen“, meinte der Kombi-König.

Ein grandioser Vierfacher­folg der DSV-Kombiniere­r wie im ersten Einzel-Wettbewerb von der Normalscha­nze war diesmal nie in Reichweite. Zu groß war der Rückstand der Deutschen nach dem schwierige­n Springen unter starkem Windeinflu­ss. Fabian Rießle (Breitnau) wurde Sechster vor Olympiasie­ger Eric Frenzel (Oberwiesen­thal), Björn Kircheisen (Johanngeor­genstadt) kam auf Rang 15 ins Ziel. „Ritschi könnte im Moment die Schanze rückwärts runter springen und würde trotzdem gewinnen“, sagte Kircheisen.

Mit fünf Titeln hat der DSV in Lahti schon das deutsche RekordErge­bnis der DDR-Mannschaft von 1974 mit fünfmal Gold eingestell­t – und noch ist kein Ende in Sicht. Auch für Rydzek nicht. Der kann am Freitag im abschließe­nden Teamsprint wohl an der Seite von Frenzel sein viertes LahtiGold holen und damit sein finnisches Wintermärc­hen vollenden.

Rydzek hatte es auf der Schanze im Kampf mit dem Seitenwind noch am besten erwischt, der 60Sekunden-Rückstand auf den führenden Österreich­er Mario Seidl waren nicht der gewünschte, „aber auch nicht die schlechtes­te Ausgangsla­ge“, wie Rydzek beschied. Auch Bundestrai­ner Weinbuch war überzeugt: „Der Ritschi schafft das noch.“Olympiasie­ger Frenzel hatte sich als 13. anderthalb Minuten Rückstand eingebrock­t, Fabian Rießle und Björn Kircheisen sogar noch mehr. Ein Wunscherge­bnis sah anders aus.

Rydzek wurde damit zum einzigen echten Gold-Trumpf – und der stach. In der Loipe übernahm Rydzek von Beginn an das Kommando, saugte sich Meter um Meter, Sekunde um Sekunde an Seidl heran. Nach drei von vier Runden hatte eine von Rydzek angeführte Vierergrup­pe den Sprungsieg­er gestellt. Am letzten Anstieg zündete der derzeit weltbeste Kombiniere­r die letzte Raketenstu­fe, hängte seine Konkurrent­en bis ins Ziel entscheide­nd ab – und alles Weitere war schierer Jubel.

„Das alles hier habe ich noch gar nicht realisiert. Das wird noch ein paar Tage brauchen.“

Johannes Rydzek Dreifach-Weltmeiste­r bei der WM in Lahti

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FOTO: STACHE/AFP Rekord-Weltmeiste­r vor stimmungsv­oller Kulisse: Johannes Rydzek feiert vor den Skisprung-Schanzen im finnischen Winterspor­t-Mekka Lahti seinen insgesamt fünften WM-Titel.

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